Schleifen statt nur fördern: Afrika will an Diamanten mitverdienen

Die Diamantenförderländer des südlichen Afrika wollen künftig nicht nur auf den Export von Rohdiamanten setzen, sondern auch deren Verarbeitung vor Ort fördern

Afrikanische Diamantenproduzenten wollen stärker mitverdienen. Bild: dpa

ANTWERPEN taz Afrikas Diamantenproduzenten treten in die Fußstapfen der Öl- und Gasländer Südamerikas: mehr Wertschöpfung vor Ort, mehr Arbeitsplätze für die eigene Bevölkerung und mehr Profite für das eigene Land. Während Afrika den Großteil der Rohstoffe der globalen Schmuckindustrie produziert, verbleiben nur 10 Prozent des weltweiten Umsatzes dieser Branche - 150 Milliarden Dollar im Jahr - auf dem Kontinent. Das wollen Länder wie Botswana, Südafrika, Angola, Kongo und Namibia, die zusammen 60 Prozent der Diamanten der Welt fördern, ändern. Der Diamantensektor könnte damit Vorreiter für andere Bereiche der afrikanischen Rohstoffförderung wie Tropenholz werden, in denen ebenfalls überlegt wird, wie man durch mehr lokale Verarbeitung den Nutzen der Rohstoffe für die Produzenten erhöhen kann.

Die Auswirkungen einer solchen Strategie wurden im Oktober auf der Welttagung der Diamantenbranche im belgischen Antwerpen beraten. Sie werden auch auf dem Gipfeltreffen des "Kimberley-Prozesses" diese Woche in Brüssel Thema sein. Dabei handelt es sich um das freiwillige internationale Regelwerk der Diamantenindustrie, die illegal geförderte Diamanten aus Konfliktgebieten aus dem Handel ausschließt, wenn sie kein staatliches Zertifikat haben.

Zwei Unternehmen dominieren Afrikas Diamantensektor: der südafrikanische Bergbauriese De Beers und der angolanische Staatsbetrieb Endiama. Beide möchten dem Markt ihre Bedigungen diktieren. Dabei geht es aber nicht um eine Verstaatlichung, sondern darum, den Export von Rohdiamanten einzuschränken und die lokale Wertschöpfung zu erhöhen.

In der Diamantenbranche besteht Wertschöpfung im Schleifen - derzeit findet dies fast ausschließlich in Indien, Thailand oder China statt. Mit den Niedriglöhnen in den asiatischen Ländern können die afrikanischen Länder nicht konkurrieren, denn diese Industrie erfordert qualifizierte Arbeitskräfte, die mindestens fünf Jahre ausgebildet werden müssen, sagt der Antwerpener Diamantenexperte Eddy Vleeschdrager. Die afrikanischen Länder wollen, dass die größeren Rohdiamanten im Land bleiben und nur kleinere nach Asien verschickt werden.

In Südafrika haben De Beers und die staatliche Diamantenexportbehörde SDT (State Diamond Trader) vereinbart, dass SDT 10 Prozent der Diamantenförderung behält, um sie in Südafrika schleifen zu lassen, bevorzugt von Unternehmen der schwarzen Bevölkerungsmehrheit. Auch in Namibia hat De Beers Lieferverträge mit 11 lokalen Schleifereien unterschrieben. Der weltgrößte Diamantenproduzent Botswana will den Umsatz seiner 16 Schleifbetriebe in den nächsten zwei Jahren von 200 auf 500 Millionen Dollar jährlich steigern - ein Viertel des Exportwerts von 2 Milliarden Dollar im Jahr. Ab 2008 wird De Beers einen Teil seiner in London angesiedelten Diamantenvermarktung in die botswanische Hauptstadt Gaborone verlagern. Angola, das bis 2017 seine Diamantenförderung auf 1,2 Milliarden Dollar im Jahr verdoppeln will, wirbt um Firmen aus Belgien, Indien, den USA und Israel, um vor Ort Schleifereien aufzubauen. Dies soll zur Bedingung gemacht werden, um ein Kaufrecht für die besten Steine zu erhalten. De Beers geht es darum, seine Joint-Venture-Verträge mit den Diamantenstaaten des südlichen Afrika nicht zu gefährden, die das Unternehmen zur Nummer eins in der Branche machen. Der Zeitpunkt ist gut gewählt: Ab 2008, so Prognosen des Bergbaumultis Rio Tinto, wird die Nachfrage nach Diamanten das Angebot übersteigen, womit höhere Preise und Wettbewerb um die Vorkommen zu erwarten sind.

De Beers Direktor Gareth Penny weist aber darauf hin, dass die neue Strategie der Förderländer kein Selbstläufer ist. Zum einen bleiben die asiatischen Schwellenländer billiger als die afrikanischen. Daher muss Afrika spezielle Marktnischen im Edelsektor erobern und Asien vielleicht die Masse der Industriediamanten überlassen. Zum anderen müssen sich die Investitionsbedingungen in Afrika verbessern.

Zudem sind die Bedingungen in verschiedenen Ländern unterschiedlich. Marktführer wie Botswana oder Angola können Förderunternehmen ihre Bedingungen aufzwingen. Kleinere Förderländer wie Liberia sind zu schwach gegenüber den Konzernen, und ihr Diamantenbergbau ist zu klein für wertschöpfende Unternehmen.

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