: Schleierhaft - betr.: "Keinen Pfennig dazubezahlt", taz vom 1.3.1996
Ich habe mich – und das gehört sicher zu meinem Job als Pressesprecher dazu – schon öfters über die taz geärgert, dieser Artikel nebst Kommentar jedoch hat mich einfach ungläubig staunen lassen. Denn es ist mir total schleierhaft, warum ausgerechnet die taz den Klimaschutz-Fonds so mies macht. Was bitteschön ist an diesem Projekt „fragwürdig“, wie es in dem Artikel heißt? Was ist an diesem Fonds würdig, ihn in Frage zu stellen? Wäre es doch bloß so, daß irgendjemand eine bessere Idee hätte, was man mit dem Potential, das durch den Wegfall des Kohlepfennigs frei wird, anfangen sollte und wie man es erschließen könnte. Aber da kommt nichts außer dem ungemein originellen Verweis darauf, daß doch erstmal jemand anders – die böse Industrie z.B. – zahlen sollte. Kann es sein, daß da immer noch nicht begriffen worden ist, daß es beim Klimaschutz um ein Problem geht, zu dessen Lösung alle beitragen müssen, weil an seiner Entstehung auch alle beteiligt sind – und zwar durch ihren Lebensstil.
Aber natürlich ist es nicht die taz, die „ökologischen Anliegen einen Bärendienst erweist“ (Originalton Kommentar), sondern die Umweltbehörde, die diesem Fonds 55.000 Mark zur Verfügung stellt. Der Sündenfall besteht darin, daß dieses Geld aus einem für Förderung regenerativer Energien vorgesehenen Haushaltstitel zur Verfügung gestellt wird, die taz aber glaubte, die 55.000 Mark wären aus dem prallgefüllten Sparstrumpf der Umweltbehörde genommen worden. Das hatte zwar niemand behauptet, der Senator hatte bei der Vorstellung des Klimaschutz-Fonds vielmehr darauf hingewiesen, daß andere Behörden nicht so handeln könnten wie die Umweltbehörde, weil sie nicht über einen Haushaltstitel verfügen, dessen Zweckbestimmung eine solche Förderung zuläßt. Aber das macht ja nichts – die taz hat sich und damit die Öffentlichkeit getäuscht gefühlt, das ist entscheidend und somit ein Aufmacher plus Kommentar. Investigativ bis ins Mark fällt so die vierte Gewalt der zweiten in den Arm, wenn diese dabei ist, 55.000 Mark teure „Ohrfeigen für engagierte BürgerInnen“ (taz-Originalton) auszuteilen. Bedauerlich an diesem heldenhaften Tun der taz ist nur, daß die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Umweltbehörde, die sich für Projekte wie „Fifty-Fifty“, den Klimaschutz-Fonds, die kostengerechte Einspeisevergütung für Solarstrom und vieles andere einsetzen, über solche Art der Berichterstattung zunehmend frustriert sind. Denn es ist schon ein wenig deprimierend, wenn man ständig vorgehalten kriegt, daß alle anderen alles besser machen – vor allem, wenn man weiß, daß das nicht stimmt.
In der Hoffnung, daß der Kohlepfennig der taz einem noch besseren Zweck als dem Klimaschutz-Fonds zukommt. Kai Fabig,
Pressesprecher Umweltbehörde
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