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Archiv-Artikel

Schlappe für den Strippenzieher

POSTENVERGABE Verwaltungsgericht erklärt die Berufung des Präsidenten der Hamburger Hochschule der Polizei für rechtswidrig: Der Kandidat war Weggefährte des heutigen Innensenators, ein Mitbewerber wurde ignoriert

Hamburgs „Polizei-Uni“

Die Hochschule der Polizei (HDP) in Hamburg rühmt sich, jüngste Hochschule Deutschlands zu sein. Gegründet wurde sie 2007.

■ Die Kapazität wird mit 400 angegeben, zurzeit hat die HDP 250 Studierende. Zuletzt nahmen am 1. April 2009 28 zukünftige Polizisten des mittleren Dienstes das Studium auf.

■ Gemeinsam lernen im Grundstudium Polizisten und private Sicherheitsmanager – darauf ist die HDP stolz. Privatfirmen nehmen das Angebot – Preis: 500 Euro pro Monat – kaum wahr.  (kva)

VON KAI VON APPEN

Die Ernennung von Jörg Feldmann zum Präsidenten der Hamburger Hochschule der Polizei (HDP) ohne öffentliche Ausschreibung war rechtswidrig. Das hat jetzt das dortige Verwaltungsgericht in einem Vergleich festgestellt. Im Januar 2007 hatte der damalige Innensenator Udo Nagel (parteilos) den Lübecker Bundespolizeidirektor zum Gründungspräsidenten der HDP ernannt. Er pries Feldmann als „hervorragende Persönlichkeit der Wissenschaft“ – und ignorierte den einzigen Mitbewerber Konrad Rogosch, einen promovierten Personal- und Verwaltungsrechtler. Rogosch war deswegen gegen die Innenbehörde vor das Verwaltungsgericht gezogen. Dieses gab ihm nun inhaltlich recht.

Zwar hält das Gericht die Ernennung eines Hochschulpräsidenten ohne Ausschreibung grundsätzlich für möglich. Dennoch sei „im konkreten Fall“ von einer „Rechtswidrigkeit“ auszugehen, sagte der Vorsitzende Richter Hans-Joachim Mehmel: „Jedenfalls spätestens zum Zeitpunkt, als der Antragsteller selbst bei der Beklagten mit einer Art Bewerbungsschreiben vorstellig geworden ist.“ Dadurch sei ihm ein „Bewerberverfahrensanspruch“ entstanden, der zumindest eine interne Bewertung beider Kandidaten erforderlich gemacht hätte. Zudem hätte die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes berücksichtigt werden müssen. Dieser zufolge wäre davon auszugehen, so Richter Mehmel, dass auch Rogosch „für die Auswahl der Entscheidung“ hätte in Betracht gezogen werden müssen.

Schon 2007 erregte die Präsidentenkür Aufsehen. Wenige Wochen zuvor hatte der CDU-Senat mit heißer Nadel das Gesetz zur Gründung einer „Polizei-Uni“ gestrickt. Dazu wurde die zuvor an der Hochschule für Öffentliche Verwaltung angesiedelte Ausbildung von Polizeikommissaren verselbstständigt und unter die Fittiche der Polizei gestellt. Zudem ebnete das Gesetz privaten Security-Firmen den Zugang zur Hochschule, an der ein Bachelor-Studiengang „Sicherheitsmanagement“ eingerichtet wurde. Derartige Studiengänge gab es auch schon in Bremen, Lüneburg, Kiel und Altenholz bei Eckernförde.

Personalrechtler Rogosch war zunächst davon ausgegangen, dass die Präsidentenstelle gemäß der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgericht ausgeschrieben oder zumindest mit einer adäquaten Persönlichkeit aus dem Hochschulbereich besetzt würde. Als Rogosch, seit 1999 Mit-Koordinator der rechtswissenschaftlichen Studienfächer für werdende Polizei-Führungskräfte in Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein sowie Bremen, von den Ernennungsplänen für Feldmann erfahren hatte, bewarb er sich intern selbst. Denn Feldmann verfügte über keinerlei Referenzen, hatte weder eine Professur noch einen Doktortitel. Auf sich aufmerksam gemacht hatte der Vorsitzende des CDU-Landesarbeitskreises „Innere Sicherheit und Polizei in Schleswig-Holstein“ und Kreistagsabgeordnete in Stormarn lediglich durch einige Publikationen. Zum Zeitpunkt seiner Berufung war Feldmann gerade Kriminologie-Dozent bei der Bundespolizei in Lübeck.

Aber er war eben auch ein enger politischer Weggefährte des damaligen Hamburger Innenstaatsrats Christoph Ahlhaus (CDU), der heute Innensenator ist. Dessen Amtsvorgänger Nagel ernannte Feldmann zum Präsidenten, ohne die Hochschulgremien zu informieren und gegen das Votum der Deputation der Innenbehörde, die Feldmanns wissenschaftliche Qualifikation infrage stellte. Der Hamburger SPD-Innenpolitiker Andreas Dressel nannte dieses Vorgehen damals „extrem schwarzen Filz“.

Direkte personelle Auswirkungen wird das jetzt zu Ende gegangene Verfahren nicht haben. Das Verwaltungsgericht deutete an, dass der Rechtstreit, wäre er bis zu Ende ausgefochten worden, nicht eindeutig im Sinne Rogoschs hätte ausgehen müssen. Auf Vorschlag des Gerichts endete das Verfahren nun mit einem Vergleich, Rogosch erhält 5.000 Euro Entschädigung.