Schily weist Cap-Anamur-Kritik zurück: "Seenotrettung ist ehrenwert"
Ex-Innenminister Schily will sich für den Ex-Chef von Cap Anamur eingesetzt haben. Pro Asyl kritisiert unterdessen eine Kriminalisierung von Seenotrettung.
BERLIN taz | Nach dem Freispruch für einen Kapitän und den Exchef der Hilfsorganisation Cap Anamur, Elias Bierdel, hat der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) Kritik von Bierdel zurückgewiesen.
"Ich gratuliere Herrn Bierdel", sagte Schily zur taz, obwohl dessen "Vorgehensweise durchaus problematisch war." Soweit er sich erinnere, hätte Bierdel die Flüchtlinge nach Malta statt nach Italien bringen müssen. "Es war nicht seine Zuständigkeit zu entscheiden, welches Land aufnimmt." Es wäre auch möglich gewesen, die Flüchtlinge nach Nordafrika zurückzubringen, sagte Schily.
Bierdel hatte dem Politiker gestern in der taz vorgeworfen, "mit höchst fragwürdigen Methoden in den Prozess hineinmanövriert" zu haben. Schily habe versucht, "Zweifel an der Lauterkeit" von Cap Anamur zu wecken, und "diskreditierende Falschmeldungen in die Welt gesetzt", so Bierdel.
Schily sagte, er sei "nie der Auffassung gewesen, dass Bierdel strafrechtlich belangt werden müsste". Seenotrettung sei "ehrenwert", weshalb er sich auch dafür eingesetzt habe, "dass Herr Bierdel sein Boot wiederbekommt". Das Schiff war damals von den italienischen Behörden festgehalten worden.
Man dürfe aber "kein Signal aussenden, das Menschen einen Anlass gibt, sich auf eine gefährliche Reise zu begeben", sagte Schily. Statt die Probleme Afrikas hier lösen zu wollen, müsse man "Hilfe vor Ort leisten, damit die Menschen nicht ihr Heil in Europa suchen", so Schily.
Bierdel und ein Kapitän waren wegen "Beihilfe zur illegalen Einwanderung" angeklagt. 2004 hatten sie 37 afrikanische Flüchtlinge an Bord genommen, die Schiffbruch erlitten hatten. Italien verwehrte ihnen wochenlang die Einfahrt. Gestern sprach ein Gericht auf Sizilien sie frei.
Pro Asyl, die Internationale Liga für Menschenrechte und viele andere Organisationen wiesen darauf hin, dass Flüchtlinge durch die Abschottung der EU-Grenzen unvermindert oft in Seenot geraten und ertrinken. Noch immer werde Seenotrettung in Italien und anderen Mittelmeerstaaten kriminalisiert.
In einem ähnlichen Fall stehe ein tunesischer Fischer auf Sizilien vor Gericht, der vor zwei Jahren 44 Flüchtlinge vor dem Ertrinken gerettet hatte. Ihm drohen drei Jahre Haft und 440.000 Euro Geldstrafe. "Es darf keinen Prominenten-Bonus geben", sagte Bernd Mesovic von Pro Asyl. Dass humanitäre Hilfe keine Straftat sei, "ist das absolute zivilisatorische Minimum. Solche Prozesse haben das Ziel, Schiffsbesatzungen einzubläuen, besser wegzuschauen.
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