■ Schiller Theater: Zeit nehmen
Wehret dem Zeitdruck, möchte man den Parlamentariern zurufen, die jetzt in die Zielgerade vor den Abgeordnetenhauswahlen einbiegen. Da soll noch schnell alles abgearbeitet werden, was in den letzten fünf Jahren liegengeblieben ist. Manches Schlitzohr unter den Politikern rechnet wohl insgeheim auch damit, daß in solcher Hetze nicht mehr so genau hingeschaut wird und parlamentarische Kontrolle nur noch auf dem Papier steht. Wohl an die hundert Tagesordnungspunkte will beispielsweise der parlamentarische Hauptausschuß in den nächsten drei Wochen noch abarbeiten. Das ist die Atmosphäre, in der Glücksritter mit den Hufen scharren und Verträge wie der zur Vergabe des Schiller Theaters reifen.
Verständlich ist die unziemliche Eile längst nicht mehr – nicht erst seit dem Eingeständnis Schwenkows, er wolle das Schiller Theater sowieso erst 1997 bespielen. Zuviel Ungereimtheiten und zuwenig Nachbesserungen haben die bisherigen Gespräche gebracht, als daß jetzt ein Vertrag unterschrieben werden müßte, der absehbar dem nächsten Senat zur Last wird. Spätestens jetzt sollte Roloff-Momin nachsinnen, ob die als Rückendeckung gemeinte Bemerkung von Bausenator Nagel, der SPD-nahe Kultursenator solle sich nicht beunruhigen, wenn kurz vor Vertragsabschluß die Konkurrenten höhere Angebote machten, nicht mehr als makaber ist. Wenn Nagel seine Projekte unter Wert verkauft, ist das schlimm genug, nachahmenswert ist es angesichts der leeren Kassen der Stadt nicht. Das Land Berlin muß sich die Ruhe nehmen, die Bewerber bis nach den Wahlen in Gelassenheit zu prüfen und ein wasserdichtes Vertragswerk zu zimmern – auch im Interesse des späteren Betreibers. Alles andere wäre fahrlässig. Gerd Nowakowski
siehe dazu Bericht auf Seite 22
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