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Schiedsrichter-SexaffäreWird Beckenbauer Zwanziger beerben?

Manfred Amerell und der DFB einigen sich in der Missbrauchsaffäre außergerichtlich. In der Öffentlichkeit werden bereits die ersten Nachfolgekandidaten von DFB-Präsident Zwanziger gehandelt.

Der ehemalige Schiedsrichter Manfred Amerell und der DFB haben sich in ihrer Auseinandersetzung um angebliche sexuelle Übergriffe außergerichtlich geeinigt. Bild: dpa

MÜNCHEN dpa/taz Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und der frühere Bundesliga-Schiedsrichter Manfred Amerell haben sich in ihrer Auseinandersetzung um angebliche sexuelle Übergriffe außergerichtlich geeinigt. Das gaben die Beteiligten am Donnerstagnachmittag nach einem dreieinhalbstündigen internen Vorgespräch in München bekannt. Die geplante öffentliche Anhörung vor dem Münchner Landgericht kam gestern erst gar nicht zustande. Amerell zog seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung auf Unterlassung zurück. Der DFB darf demnach weiter behaupten, Amerell habe in der Vergangenheit mehrere Personen sexuell bedrängt und/oder belästigt.

Vor der Verhandlung hatte DFB-Chef Theo Zwanziger noch mit seinem Rücktritt gedroht. "Wenn wir diesen Prozess verlieren, muss ich selbstverständlich sofort von meinem Amt als DFB- Präsident zurücktreten", ließ Zwanziger in der gestrigen Ausgabe des kicker verlauten.

Für den DFB und seinen Präsidenten war der Fall Amerell bereits seit zwei Wochen abgeschlossen. Aber hätte der 63-jährige Amerell vor Gericht recht bekommen, wären Konsequenzen für Zwanziger wohl unvermeidbar gewesen. "Dieser Fall träte ein, wenn die Aussagen aller jungen Schiedsrichter, die wir zu schützen haben, und ihre eidesstattlichen Erklärungen falsch wären", so Zwanziger, "denn dann wäre Herr Amerell das Opfer". Laut kicker erwog der zuletzt in die Kritik geratene Zwanziger, die Vertrauensfrage zu stellen. Über die Einberufung eines außerordentlichen Verbandstages am 30. April wird bereits diskutiert und in der Öffentlichkeit schon über erste Nachfolgekandidaten spekuliert. Dabei wurde natürlich sofort Franz Beckenbauer ins Spiel gebracht, der sich aber noch "zehn Jahre zu jung" für das Amt fühlt.

Fifa-Schiedsrichter Michael Kempter, der im Dezember 2009 den Fall ins Rollen gebracht hatte, und vier weitere Referees haben Amerell schwer belastet und ihre Vorwürfe der sexuellen Belästigung und Übergriffe per eidesstattliche Erklärung festgehalten. Amerell war am 12. Februar zurückgetreten und bestreitet seitdem alle Vorwürfe.

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9 Kommentare

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  • K
    kotelette

    ich find die ganze diskussion lächerlich, aber vielleicht kommt es zu einem umdenken beim tabu homosexualität.

     

    aber ob beckenbauer da den großen schritt wagt, sei mal dahin gestellt.

     

    haben sich amerell und dfb nicht auch aus reinem selbstschutz außergerichtlich geeinigt um eine aufklärung zu vermeiden?

     

    man weiß es nicht...

  • RK
    Roland Klose

    Wird Beckenbauer Zwanziger beerben?

     

    Der Zwanziger war schon immer ein falscher Fuffziger.

     

    Was würde aber "der Kaiser" darauf antworten:

     

    "Ja, siiiicher. Schau`n wir mal!"

  • N
    Norbert

    Beckenbauer Nachfolger von Zwanziger? Ok, aber damit es richtig lustig wird nur als Dreifachspitze mit Loddar Matthäus und Mario Basler. Und Effenberg wird Diskriminierungsbeauftragter.

  • R
    R.A.

    @reblek:

    Vergewaltigung bezeichnet einen sexuellen Übergriff, der mit einer Penetration einhergeht - das schliesst im übrigen auch Eindringen mit Gegenständen sowie das Eindringen in den Täter ein, so daß auch Frauen angeklagt werden können (ja, das gabs bereits) Das ganze nennt sich dann "qualifizierte sexuelle Handlung"

     

    Mit Missbrauch/Nötigung werden andere sexuell konotierte Handlungen bezeichnet, die am Opfer vorgenommen oder durch das Opfer vorgenommen werden müssen. Somit ist die Vergewaltigung zumindest in D eine spezielle From des sexuellen Missbrauchs/Nötigung.

     

    Und Deine Kritik an der Begrifflichkeit: Wir befinden uns in der deutschen Sprache. Der Begriff "Missbrauch" umfasst mitnichten zwangsläufig, dass es auch einen "regulären Gebrauch" geben muss, ein weitverbreiteter Irrtum. Aber man sollte wirklich darauf verzichten.

  • L
    Lupus

    Wenn sich die "Anklagen" der drei Schiris und des Schiri Kemper als falsch herausstellen, sollte Zwanziger zurücktreten.

     

    Schade nur, dass dann dem Frauenfussball ein wirklich wichtigen Spieler verloren geht.

  • D
    DigiMiki

    Ehrlich gesagt, ich verstehe nicht, warum der Schiedsrichter da nicht einfach mal ganz klar Ja oder Nein gesagt hat, mit seinen damals doch schon 25 Jahren.

     

    Mich z.B., hat mit 19 ein guter Kumpel beim Bund auch mal gefragt und ich hab da auch Ja oder Nein gesagt. :-)

  • RR
    Robert Ritter-Rayer

    Sie vergessen zu erwähnen, daß der DFB im Gegenzug Herrn Amerell die Namen der 4 Schiedsrichter, die ihn belasten, mitteilen muß (Akteneinsicht). Inwieweit da die ganze Wahrheit ans Licht kommt steht in den Sternen. Der angedrohte Rücktritt von Herrn Zwanziger ist könnte also nur aufgeschoben sein......

  • H
    Horberg

    … im grunde verstehe ich nicht die Aufrgegung... Wir unterhalten uns über erwachsene Menschen.... ich denke das größte Problem ist der Umgang mit der Homosexualität im DFB...

  • R
    reblek

    Kann der geneigten LeserInnenschaft mal jemand aus der taz-Redaktion erklären, was der Unterschied sein soll zwischen "Missbrauch" und "Vergewaltigung", da doch beide Vorgänge die fehlende Zustimmung eines Menschen voraussetzen? Und eine zweite Frage: Kommt denen, die von "Missbrauch" schreiben, das nicht merkwürdig vor, da doch, wo ein "Missbrauch" ist, auch ein "Gebrauch" vermutet werden darf? Wäre allerdings das erste Mal, dass die taz-Redaktion solche Fragen beantworten würde.