: Schertz hat seine Schuldigkeit getan
■ Polizeipräsident abgewählt/ Nachfolge offen/ Scharfe Angriffe der SPD auf den Innensenator
Berlin. Mit 173 von 219 Stimmen hat das Abgeordnetenhaus in der gestrigen Plenardebatte die Abberufung des Polizeipräsidenten Georg Schertz beschlossen. Zugleich wurde jedoch auch das Schicksal seines größten Konkurrenten in der Polizei besiegelt. Der Fraktionsvorsitzende der CDU Klaus Landowsky stellte den Parlamentarieren die neue Führungsstrukur der Polizei vor, auf die sich CDU und SPD nun verständigt haben. Darin ist der Posten des Landespolizeidirektors nicht mehr vorgesehen — Manfred Kittlaus‘ Tage in der Polizeispitze dürften mithin gezählt sein. Als einziger der Führungstroika bleibt Vizepräsident Dieter Schenk (SPD) über, der die gesamte Leitung der Behörde bis zum Herbst innehaben wird. Denn bis Ende September will die Regierungskoalition nun einen Nachfolger für den scheidenden Schertz gefunden haben. Der Chef der Senatskanzlei, Volker Kähne, auf den sich die beiden Regierungsfraktionen verständigt hatten und der bereits diese Woche hätte gewählt werden können, hat das Präsidentenamt gestern endgültig abgelehnt.
Mit dem neuen Polizeikonzept, das unter anderem die Einrichtung eines Landeskriminalamtes vorsieht, wurde eine der Forderungen des scheidenden Polizeipräsidenten erfüllt, um die er monatelange Auseinandersetzungen mit Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) geführt hatte. In der Sache mochte der Fraktionsvorsitzende der SPD Ditmar Staffelt gestern keinen Dissenz erkennen, weshalb er in den Auseinandersetzungen eher »den bewußten Versuch sah, Schritt für Schritt den Polizeipräsidenten zu zermürben«. Schertz sei »ein hochgradig kooperationsfähiger Polizeipräsident«, und es sei ihm, so Staffelt, ein Rätsel, wieso eine Zusammenarbeit mit Heckelmann nicht möglich gewesen sei. Die SPD wird nach den Worten ihres Fraktionsvorsitzenden dem Mißtrauensantrag, den Bündnis 90/ Grüne und die PDS gegen Heckelmann eingebracht haben, »aus koalitionspolitischen Gründen nicht zustimmen«. Doch gebe es »Risse im Vertrauensverhältnis« zum Innensenator.
Demgegenüber betonte Landowsky, daß zwischen seine Fraktion und Heckelmann »kein Löschblatt« passe. Die CDU stehe voll hinter ihm. Landowsky will nun »einen Schlußstrich unter den Komplex« ziehen. Doch stehen nach den Worten des innenpolitischen Sprechers von Bündnis 90/ Grüne, Wolfgang Wieland, im nächsten Jahr die Neubesetzung der Posten des Landeskriminaldirektors und des Landesschutzpolizeidirektors an. Dann gelte es, den »ungebremsten Machtanspruch des Polizeiarbeitskreises der CDU zu bremsen«. Wieland forderte die SPD auf, nach einem Jahr »Methode Heckelmann bei der Parteibuchbeförderung« die Hand nicht zur Schertz-Abwahl zu heben. dr
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