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■ ScheibengerichtDittersdorfiana

Ditters von Dittersdorf ist zwar ein markanter Name. Wem aber – abgesehen von Kontrabassisten, die sich jeden merken müssen, der einmal für ihr Instrument komponiert hat – ist der Name auch wirklich erinnerlich? Vergessen also die 120 Sinfonien, 40 Konzerte, ebenso viele Opern und Singspiele, die wirklich unterhaltsame „Lebensbeschreibung, seinem Sohne in die Feder diktiert“ und aberhundert weitere Kleinigkeiten.

Doch nun hat das Franz Schubert Quartett die Streichquartette, die Dittersdorf im Herbst seines Lebens, 1788, komponierte und verlegen ließ, ausgegraben. An den sechs Quartetten hat der zu seiner Zeit vielbestaunte Geigenvirtuose und ausgezeichnete Handwerker („Ritter vom goldenen Sporn“) 14 Monate laboriert, erstaunlich lange für einen, der gewöhnlich „nach einem Zeitraume von vier Wochen drei Sinfonien und ein Hoboekonzert verfertigt“ hatte. Parallel dazu stellte er für das deutschsprachige Singspiel („Betrug durch Aberglaube“ verdient schon allein wegen seines Titels Beachtung) einige Richtungsweiser auf.

Möglicherweise schlug ihm die Beschäftigung mit der einen Gattung auf die andere durch. Denn sofort suggeriert die durchgängig kantable Anlage und lineare Abfolge der Streichquartett-Sätze Affekte und Erzählhaltung, wie sie sonst in der Oper ihren Platz haben. Da tritt eine heitere Weise auf, singt von Liebeslust und Trallala, stockt aber plötzlich und, wer weiß warum, schlägt um in düsteres Grübeln. So spinnt sich der Reigen fort, Tändeln, Träumen, Schwärmen, gewürzt mit den bitteren Ingredienzien von Zweifel, Verlust und Verrat – Oper im Westentaschenformat. Die Reduktion auf kammermusikalische Dimensionen lockt mit einigen Vorzügen: 1. Pathos läßt die Besetzung nicht zu – also kein Ärger mit dem gewöhnlich dick aufgetragenen Gefühlshaushalt von fragwürdigen Charakteren. 2. Textlosigkeit, daher keine Peinigung durch fortwährende Wiederholung von debilen Reimen. 3. Zeitliche Verknappung, die durchschnittliche Quartett-Dauer von einer Viertelstunde erspart einen ganzen Abend von mitunter zweifelhaftem Vergnügen. 4. Keine Festlegung auf eine Story und damit auch kein Kopfzerbrechen über unmögliche oder zumindest höchst unwahrscheinliche Ereigniskonstruktionen. 5. Kein Gekreisch. Also: Warum denn in die Oper gehen? Es lebe das Streichquartett!

Karl Ditters von Dittersdorf: „Streichquartette“. Franz Schubert Quartett. cpo 999038 & 999122.

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