■ Scheibengericht: Bonnie Raitt
„Road Tested“ (EMI)
Bei Betrachtung der Weltgeschichte lernt man unter anderem, daß man nichts Unerhörtes leisten muß, um berühmt zu bleiben. Mitunter genügt es, sich im Lichtkegel von Legenden aufzuhalten. So verhält es sich jetzt auch ein bißchen mit Bonnie Raitt. Sie coverte „Burning Down The House“ von den Talking Heads – warum nur! – und stellte die bei ihrer 1995er Tournee mitwirkenden Gäste beispielsweise so vor: „And now my best friend – Bryan Adams!“ Mußte Adams gleich der beste Freund sein? Immerhin standen noch Ruth Brown, Jackson Browne oder auch Charles Brown zur Auswahl.
Raitt bewährt sich seit mehr als zwanzig Jahren als Slidegitarristin und gibt außerdem ein schönes Beispiel für die Qualifiziertheit ausgewählter deutscher Pop-Promoter ab. Auf dem Waschzettel zu Raitts erstem Live-Album „Road Tested“ steht zu lesen, daß Raitt eine „glänzende Adeptin traditioneller amerikanischer Rhythm- 'n'-Blues-Musik ist“. „Adeptin“. Kann man es trefflicher sagen? Kann man nicht. O Feingeist bei EMI! Raitt hat acht Grammys im Schrank, dennoch illustriert „Road Tested“ in seiner glatten Emphase, daß die 1950 in Los Angeles geborene Umwelt- und Politaktivistin für die amerikanische Musik(er)szene inzwischen eher so etwas wie eine Integrationsfigur darstellt denn eine First-Class-Musikerin. Raitt schreit leider, wenn sie Intensität vermitteln möchte. Bonnie, Bonnie, seufzen wir, aber Pardon wird doch gegeben.
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