Schauspielschule: Neuer Akt im Drama "Ernst Busch"

Nach langen Jahren des Wartens sollte die renommierte Ernst-Busch-Schauspielschule endlich einen zentralen Standort erhalten. Plötzlich steht der Neubau wieder auf der Kippe. Prominente Absolventen machen sich für die Realisierung stark.

Jan Josef Liefers als Wahlmann bei der Bundespräsidentenwahl im Gespräch mit Klaus Wowereit. Er kämpft für den Neubau der Schauspielschule. Bild: DPA

Vor knapp einem Jahr war die Erleichterung groß. Damals präsentierte die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung den Siegerentwurf des Charlottenburger Architekturbüros Ortner & Ortner für das neue Hauptgebäude der Hochschule für Schauspielkunst „Ernst Busch“. An der Chausseestraße 28/30 sollte dafür ein Bau aus den 50er Jahren umgebaut und durch einen Neubau ergänzt werden. Gekrönt wurde der Entwurf von einem markanten, holzverkleideten Bühnenturm, der den Komplex überragen sollte. Ein langes Verfahren schien zu einem glücklichen Ende gefunden zu haben.

Denn Deutschlands berühmte Kaderschmiede für den Theater- und Filmnachwuchs operiert seit Jahrzehnten in sanierungsbedürftigen Provisorien an fünf weit voneinander entfernten Standorten. Seit November 2005 lag ein Senatsbeschluss für die Schaffung eines Zentralstandortes vor. Der schien im Mai 2011 mit der Präsentation des Siegerentwürfe eines Wettbewerbs greifbar nah zu sein, obwohl der festgelegte Kostenrahmen von 33 Millionen Euro um 16 Prozent überschritten wurde. Allerdings, so Tobias Ahlers von Ortner & Ortner, sei der Entwurf seines Büros den öffentlichen Vorgaben am nächsten gekommen. Am Ende einiger Nachbesserungsrunden lagen die Mehrkosten nur noch bei sechs Prozent bzw. 1,85 Millionen Euro.

An dieser Summe könnte das Vorhaben nun scheitern. Denn am Dienstag hat nach Informationen der Ernst-Busch-Schule die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus signalisiert, das Vorhaben Zentralstandort aufgrund der Mehrkosten aufzugeben und stattdessen die aktuellen Standorte zu sanieren. Ein Betrag von 20 Millionen Euro schwebt dafür als Kostenrahmen im Raum. Allerdings kann niemand die Frage beantworten, auf welcher Basis diese Summe errechnet wurde.

Dritter Versuch seit 2005

Bis heute sind in der Sache „Zentralstandort Ernst Busch“ bereits mehrere Millionen Euro Steuergelder versenkt worden. Der auf der Kippe stehende Plan ist der dritte Versuch seit 2005, einen Standort für Deutschlands älteste Schauspielschule zu finden, die 1905 von Max Reinhardt gegründet und 1951 als Staatliche Schauspielschule der DDR wiedereröffnet wurde.

Das Künstlerhaus Bethanien in Kreuzberg und ein Standort am Ostbahnhof wurden bei der ersten Suche vor sieben Jahren schnell verworfen. Dann standen lange die Pankower Garbaty-Höfe im Mittelpunkt des Interesses. 2008 brach Rot-Rot die Planungen ab. Ein Projektentwickler klagte, der Senat musste am Ende 1,4 Millionen Euro an die brüskierten Investoren zahlen.

Für die Entwicklung des Standorts an der Chausseestraße sind inzwischen ebenfalls rund 2 Millionen Euro ausgegeben worden, allein 400.000 Euro für den Kauf des Grundstücks, auf dem der Erweiterungsbau errichtet werden soll. Hinzu kommen die Kosten für den Architekturwettbewerb, das Architektenhonorar für den Siegerentwurf und laufende Kosten für ein Jahr Planung. Kippt diese, nähern sich die in der Sache bereits verschwendeten Gelder langsam der 4-Millionen-Euro-Grenze – bei zurückhaltender Schätzung. Mehr als doppelt soviel Geld, wie dem Projekt zur Realisierung jetzt noch fehlt.

Mitte der 90er hatte die Ernst-Busch-Schule (die nicht nur asbest-, sondern aus damaliger Sicht wohl auch DDR-verseucht war) schon einmal abgewickelt werden sollen. Massiver Studentenprotest konnte das verhindern. Schaubühnen-Intendant Thomas Ostermeier, der als Student die Proteste maßgeblich koordinierte, gehört nun zu einer Reihe prominenter Absolventen, die vergangenen Sonntag einen Aufruf an das Abgeordnetenhaus veröffentlicht haben, das fehlende Geld für den Bau zu bewilligen, und damit endlich eine adäquate Unterbringung der Schule zu ermöglichen, statt das Projekt zu kippen. Zu den Unterzeichnern gehören die Schauspieler Jan Josef Liefers, Nina Hoss, Devid Striesow, Lars Eidinger und Karoline Herfurth. Mit dabei auch der scheidende Maxim-Gorki-Intendant Armin Petras sowie die Schaubühnen-Direktoren Friedrich Barner und Jürgen Schitthelm.

Als Präsidentin der Deutschen Filmakademie hat auch Iris Berben den Aufruf unterzeichnet. Von den zwölf Nominierten für den Deutschen Filmpreis sind in diesem Jahr acht Absolventen der Ernst-Busch-Schule. „Und es heißt doch immer, dass Leistung sich wieder lohnen muss,“ sagt Ernst-Busch-Kanzler Schlegel sarkastisch.

Gemeinsam mit Wolfgang Engler, dem Rektor der Schule, wollte Schlegel am Donnerstagnachmittag Vertretern der CDU-Fraktion im Abgeordnetenhaus weitere Einsparvorschläge präsentieren. Zusammen ergäben sie, so Schlegel, genau die fehlende Summe. „Dann werden wir vielleicht erfahren, worum es wirklich geht.“

550.000 Euro sollen nach den Vorstellungen der beiden Ernst-Busch-Chefs bei der Studiobühne gespart werden, die nun zunächst ohne Bühnentechnik gebaut soll. Die Gestaltung der Außenanlagen (130.000 Euro) steht ebenso auf der Streichliste wie eine Mensa, deren Errichtung mit 750.000 Euro kalkuliert ist. Wahrscheinlich müssen Regie- und Schauspielstudenten auch nichts essen, wenn sie schon die brotlose Künste erlernen wollen. Dafür hätten sie später vom Bühnenturm aus beste Sicht auf das Ziel ihrer Bemühungen: den Dorotheenstädtischen Friedhof, wo in Berlin die erfolgreichsten Bühnenkünstler zur letzten Ruhe gebettet werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.