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"Schauprozess" in MinskAb ins Straflager

Vier Jahre muss der weißrussiche Menschenrechtler Ales Beljazki ins Gefängnis. Er soll Steuern hinterzogen haben. Europaweit regt sich großer Widerstand gegen die fragwürdige Entscheidung.

Beljazki: "Ich werde meine Arbeit fortsetzen - im Gefängnis oder in der Freiheit". Bild: dpa

MINSK dpa | Der prominente weißrussische Menschenrechtler Ales Beljazki (49) muss in der autoritären Ex-Sowjetrepublik für viereinhalb Jahre ins Straflager.

Richter Sergej Bondarenko verurteilte den Leiter des inzwischen geschlossenen Menschenrechtszentrums Wesna in Minsk am Donnerstag wegen Steuerhinterziehung. Die Bundesregierung kritisierte den Richterspruch scharf und forderte die sofortige Freilassung des Bürgerrechtlers.

Auch die EU hatte den Prozess als politische Inszenierung angeprangert. Beljazki hatte mit seiner Organisation auch Gegnern von Präsident Alexander Lukaschenko geholfen, der als "letzter Diktator Europas" gilt. Nach dem Richterspruch kam es nach Angaben der unabhängigen Minsker Agentur Belapan zu Protesten unter den Zuschauern. "Freiheit für Beljazki", forderten Bürgerrechtler.

"Ich fordere die Freilassung und Rehabilitierung aller politischen Gefangenen in Belarus", sagte der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP), einer in Berlin veröffentlichten Mitteilung zufolge. Es handele sich um einen "Schauprozess", schrieben Bundestags-Vizepräsidentin Katrin Göring-Eckardt und die Abgeordnete Marieluise Beck (beide Grüne) in einer ebenfalls in Berlin verbreiteten Mitteilung. "Diktator Lukaschenko versucht, in Zeiten des wirtschaftlichen Zusammenbruchs mit stalinistischen Methoden eine Atmosphäre der Angst zu verbreiten."

Das Gericht in Minsk blieb unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die fünf Jahre Straflager beantragt hatte. Die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert. Richter Bondarenko ordnete außerdem eine Beschlagnahmung von Beljazkis Vermögens an. Der mit vielen Preisen ausgezeichnete Beljazki war gegen internationalen Protest Anfang August festgenommen worden.

Die Anklage warf ihm vor, über illegale Konten in den Nachbarländern Litauen und Polen verfügt zu haben. In den Jahren 2008 bis 2011 soll er 567 700 Euro von den Auslandskonten nicht deklariert haben. Die beiden Nato-Staaten hatten im Zuge von Amtshilfe den weißrussischen Behörden Unterlagen überreicht, später aber deren Verwendung als Belastungsmaterial kritisiert.

Die Verteidigung von Beljazki kündigte Einspruch gegen das Urteil an. Beljazki selbst sagte, dass das Wesna-Zentrum seit 1996 Tausenden Menschen in Belarus habe helfen können. "Ich werde meine Arbeit fortsetzen - im Gefängnis oder in der Freiheit", sagte er.

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4 Kommentare

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  • M
    Michael

    Beliatski hat aber nichts aus der "Vereinskasse für seinen privaten Lebensunterhalt" entnommen. Das Problem ist ganz einfach, das Viasna (wie andere Organisationen auch) als Menschenrechtsorganisation in Belarus keine Akkreditierung bekommt, und daher alle Geldströme für Viasna schon von vorneherein als private Mittel angesehen werden.

     

    Es ist aus PR-technischen Gründen einfach besser, mißliebige Organisationen über Steuerhinterziehung abzuwürgen oder zu behindern, als über den Paragraphen zur Bildung illegaler Organisationen. Wie man bei Kommentatoren wie "von Benz" sehen kann, geht diese Strategie auch zum Teil auf.

  • B
    Benz

    @Michael

    Man sollte eben Privates und Geschäftliches immer sauber trennen. Es ist auch hierzulande illegal, aus der Geschäfts- oder Vereinskasse Mittel für den privaten Lebensunterhalt zu entnehmen.

     

    Da kann die EU schmollen und poltern so lange sie will.

  • M
    Michael

    Vielleicht ist der Artikel nicht eindeutig genug. Beliatsky hat keine Steuern hinterzogen, sondern die Mittel, die er für das Menschenrechtszentrum Viasna verwaltete, also einer nichtkommerziellen Organisation, wurden vom Regime als Privateinkünfte behandelt. Und das da auch Mittel aus dem Ausland kommen, ist doch klar, wo sollen den Mittel für Menschenrechtsarbeit in Belarus sonst herkommen? Von Lukaschenko? Dem verarmten Volk? Den Beamten aus der Machtvertikale mit ihren Privilegien? Der kleinen regimeabhängigen Businesselite? Ja, klar!

  • B
    Benz

    Ach, Europa ist mal wieder empört. Poltert und rasselt mit dem Säbel. Schmollt.

    -

    Wenn der Angeklagte Steuern hinterzogen hat, dann gehört er bestraft.

     

    Was versuchen uns dagegen die empörten Regierungen weiszumachen? Dass jemand, der eine so vortreffliche, (lies: EU-freundliche) politische Haltung wie der Angeklagte hat, unmöglich ein schlechter Mensch und insbesondere kein Steuerhinterzieher sein könne.