Schäuble-Doku zum 70. Geburtstag: Freundlich, zugewandt, ratlos
Seine Leistungen, seine Fehler: Ein Porträt zum 70. Geburtstag von Wolfgang Schäuble stellt die richtigen Fragen, beantwortet sie aber nicht.
Was gäbe es nicht alles herauszufinden über Wolfgang Schäuble. Der CDU-Politiker war in den vergangenen 30 Jahren fast immer dabei, wenn in Deutschland Geschichte geschrieben wurde: Er organisierte für Helmut Kohl erst das Kanzleramt und später die Einheit. Er trug zu Angela Merkels Aufstieg in der Partei bei, und heute ist er ihre größte Stütze im Kabinett.
Schäuble grantelt, schwäbelt, intrigiert und funktioniert. So weit, so bekannt. In der Pressemitteilung zur Dokumentation „Es ist, wie es ist – Wolfgang Schäuble wird 70“ des Spiegel-Autors Markus Feldenkirchen werden die zwei entscheidenden Fragen gestellt: „Wer ist dieser Wolfgang Schäuble wirklich?“, und „Wo liegen seine Leistungen, wo seine Fehler?“ Die Antworten bleibt Feldenkirchen schuldig.
Zwar suggeriert der Film intime Nähe. Der 37-jährige Feldenkirchen, ein langjähriger Kenner der Berliner Politik, stellt sich selbst ins Zentrum der Suche nach dem wahren Schäuble. Im Gespräch mit dem Porträtierten, dessen Frau Ingeborg und Bruder Thomas ist der Autor deshalb regelmäßig zu sehen. Das soll intim wirken. Doch sagen ihm alle Gesprächspartner, was sie seit jeher erzählen: Kohl habe seinen Adlatus nur ausgenutzt (Thomas Schäuble). Wirklich offen sei der ewig Getriebene gegenüber niemandem (Ingeborg Schäuble). Die Querschnittslähmung habe ihn nicht bitter gemacht (Wolfgang Schäuble).
Das alles ist ansprechend dargeboten – durch schnelle Schnitte, Privat- und Archivaufnahmen. Nur in der Sache neu ist es nicht. Wenn der Einheitsvertrag, wie Bruder Thomas sagt, Wolfgangs großes Werk war: Warum nimmt sich der Film nicht zwei, drei Minuten, um das Opus Magnum zu bewerten? Stattdessen befragt Feldenkirchen ausschließlich wohlmeinende Weggefährten, aber keinen versierten Kritiker. Ursprünglich wurde der Film vom Sender Phoenix als „Der Schattenmann“ angekündigt. Der jetzige Titel passt besser: Er klingt freundlich, zugewandt – und etwas ratlos.
„Es ist, wie es ist – Wolfgang Schäuble wird 70“: 21 Uhr, Phoenix.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Eine Chauffeurin erzählt
„Du überholst mich nicht“
Kinderbetreuung in der DDR
„Alle haben funktioniert“
Kompromiss oder Konfrontation?
Flexible Mehrheiten werden nötiger, das ist vielleicht gut
Niederlage für Baschar al-Assad
Zusammenbruch in Aleppo
SPD im Vorwahlkampf
Warten auf Herrn Merz
Hybride Kriegsführung
Angriff auf die Lebensadern