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■ StandbildSatin statt Frottee

„Um die Dreißig“ (neue Serie), Montag, 19.25 Uhr, ZDF

Der Mann, der nach der Oldtimerpflege sein Köpi zischt, der Schlingel, der die Lätta aus dem Kühlschrank klaut, und das fleischgewordene HB- Männchen plus Ziegenbart sind dicke Freunde. Sie heißen Carlo, Frank und Olaf. Zusammen mit ihren Törtchen Carola, Tina und Sabrina, die sich allerdings wegen Karrieregeilheit noch ein wenig ziert, sind sie eine Bowling-Clique. Das hochpotente Sextett „um die 30“ deckt wie von selbst die wesentlichen Images, auf denen die Bewerbung der für das moderne Dasein nötigen Produktpalette basiert, trefflich ab.

Wunderbarerweise haben sie die Sachen auch schon alle: Anwalt Olaf – Nachnamen werden im Pilotfilm nur von Sekretärinnen und so benutzt – sein qietschgrünes Coupé mit Faxfon, Talkshow-Moderatorin Sabrina den schicken roten Flitzer und das – zugegebenermaßen ein wenig eingemünchnerte – „Pulp-Fiction“-Styling, Model Tina und Werkstattinhaber Frank die goldene Satinbettwäsche. Warum haben meine Freunde solche Sachen nicht? Warum schlafe ich, haargenau dreißigjährig, eigentlich auf Frotteespannlaken? Und schließlich: Wie geht es all denen, die wissen, daß sie die tollen Flitzer und nicht weniger tollen Frauen, die ihnen hier so schmackhaft präsentiert werden, nie kriegen werden?

Solche Menschen tauchen in „Um die dreißig“ natürlich nicht auf. Hier geht's um Typen, die die legendären 15 Minuten Berühmtheit stellvertretend für uns bündeln. Gut, im „magischen Alter, in dem die wichtigen Entscheidungen fürs weitere Leben fallen“ (Moderatorin?? Raphaela Dell) gibt es auch Probleme. Der Kinderwunsch von Frank und Tina bleibt trotz unermüdlichen Teamworks unerfüllt, Carlo hat Ärger mit der Pizzabäckerkonkurrenz. Sabrina schließlich wird in ihrer Livetalk- Premiere von Exlover Olaf telefonisch belästigt.

Auf „Sabi's“ Talkbank sitzt Uschi Obermaier, mittlerweile um die 50, plaudert von Mick und „Kieszh“, und endlich wird klar, was eigentlich messagemäßig rübergebracht werden soll: Echt was erlebt haben die Eltern der Dreißigjährigen, die mit etwas Disziplin heute ja auch wesentlich besser aussehen können als ihre Kinder. Können sich da die traditionellen ZDF-Konsumenten, jene 62jährigen mit der „Kraft der zwei Herzen“, nicht angenehm bestätigt fühlen? Claudia Thomsen

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