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SanssouciVorschlag

■ Im Bus von Bau zu Bau: Die Info-Tour der Bauverwaltung

Langsam wächst Berlins neue Silhouette, eine Skyline aus Baukränen. Die Zeit der Planungen für das Stadtzentrum geht zu Ende, ohne daß recht faßbar wäre, was von den zahllosen Entwürfen nun wirklich realisiert werden soll. Um sich einen Überblick zu verschaffen, hat Bausenator Nagel ein Innenstadtmodell im Maßstab 1:500 in Auftrag gegeben, das anläßlich der Berliner Bauwochen noch bis Sonntag im Ernst-Reuter-Haus zu sehen ist. Es läßt zum ersten Mal das Gesamtvolumen der Projekte entlang der Friedrichstraße und am Potsdamer Platz im Verhältnis zur vorhandenen Bebauung erkennen.

Der Gesamteindruck ist bedrückend. Von einer gelungenen Integration der Neubauten in den historischen Bestand kann nicht die Rede sein. Einfallslos und plump haben die meisten Architekten das Maximum an zugestandener Nutzfläche in die vorgeschriebenen historischen Baufluchten gepreßt. Die neue Stadt, die dem alten Zentrum implantiert werden soll, besitzt nicht einmal ein eigenes Gesicht.

Aber die Zukunft Berlins wird sich nicht in der Mitte entscheiden, sondern an der Periphierie. Die größten Renommierprojekte im Zentrum nehmen sich klein gegen die Aufgabe aus, das Defizit von über 100.000 Wohnungen zu beheben. Die Altbausubstanz verfällt schneller als saniert werden kann. Manche Plattenbauten aus den achtziger Jahren sind jetzt schon baufällig. Die Massenquartiere in Hellersdorf und Marzahn bewohnbar zu halten wird Unsummen verschlingen.

Der Schwerpunkt der laufenden Bauwochen liegt daher auf dem Wohnungsbau. Noch bis Sonntag bietet die Bauverwaltung täglich Busreisen in die Zukunft an, die einen Überblick über Neubau- und Sanierungsmaßnahmen im Berliner Norden und Osten geben. Während sich der Bus aus dem Stadtzentrum heraus von Baustelle zu Baustelle quält, kommen zunächst verschiedene Modellprojekte in den Blick, in denen die Sanierung von DDR-Wohnungsbauten erprobt wird. Die Betonriegel in der Leipziger Straße erhalten gerade ein face-lifting, und in der Karl- Marx-Allee wurden die ersten Keramikfassaden originalgetreu wiederhergestellt. In Hellersdorf und Marzahn liegt der Schwerpunkt auf der Verbesserung der Infrastruktur, auf der Ansiedlung von Läden und Gewerbe. Bei Biesdorf und Karow sollen einmal so viele Menschen in neuen Wohnquartieren leben wie heute in Marzahn. Auf dem Weg in den Norden durchfährt man frisch gepinselte Siedlungen von Mebes und Taut aus den zwanziger Jahren. Vorbilder für die Gartenstädte von morgen. Sie sollen behutsam in die Landschaft eingefügt werden. Doch auch diese freundliche Vision fordert Opfer: An den Hecken der Schrebergärten bei Blankenburg flattern Transparente mit Protestparolen gegen eine geplante Erschließungsstraße.

Bis zum 20. Juni ist noch reichlich Gelegenheit, sich auf Spaziergängen, Baustellenbesichtigungen (Motto: „Betreten erbeten“), Führungen durch die Kanalisation und Schiffsrundfahrten über das Baugeschehen zu informieren. Für manche Veranstaltungen muß man sich anmelden, Tel. 38 17 95 12. Programme und Karten sind im Berlin-Pavillon am S-Bahnhof Tiergarten von 10 bis 19 Uhr erhältlich. Michael Bienert

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