Sanssouci: Vorschlag
■ „All-Girl-Action“ – Susi Sexpert in der Kulturbrauerei
Kürzlich erst behauptete Sarah Schulman, lesbische Schriftstellerin aus den USA, Susi Sexpert sei nicht nur eine brillante Performerin, sondern auch die bestangezogene Lesbe Amerikas. Grund genug, heute in die Kulturbrauerei zu pilgern, in der Hoffnung, sie möge ihr scharfes Plastikkleidchen tragen. But gals, that's not all.
Bekannt ist Susi Bride alias Sexpert hierzulande noch viel zu wenig. Manche mögen sich an ihren kurzen Auftritt in Monika Treuts Film „Die Jungfrauenmaschine“ erinnern, wo sie u.a. die Qualitäten eines hübschen Glasdildos so eloquent anpries, als würde sie alten Damen Lebensversicherungen auf Kommission andrehen. Dabei ist die Vorreiterin in Sachen lesbischer Sexualität in den USA eine hochgelobte Kolumnistin und Essayistin, deren Performances und Workshops Säle füllen. Drei Bücher hat sie bisher veröffentlicht, von denen leider keines bisher ins Deutsche übersetzt wurde. Ihre Sprache ist von feiner Ironie, und es bleibt fraglich, ob sich ihre sophisticated Wortspiele so ohne weiteres übersetzen lassen.
Wenige Künstlerinnen knacken Stereotype und Mythen rund um den Sex, insbesondere den lesbischen, auf eine derart unkomplizierte Weise. Susi Sexperts Performances sind Konfrontationen mit festgefahrenen Bildern und Normen – und dem manchmal starren Regelkanon lesbischer Subkultur. Sex ist vor allem etwas, über das man reden sollte, und das kann die Dame aus San Francisco äußerst wortgewandt. Susi Sexpert, die schon als Herausgeberin von On our Backs (Lesbenzeitschrift aus San Francisco) und als Verkäuferin im ultimativen Sexspielzeugladen „Good Vibrations“ arbeitete, ist eine entschiedene Kontrahentin der Pornographiegegnerinnen. Denn wo rechte Feministinnen Schulter an Schulter mit anderen Konservativen gegen das ausgemachte „Böse“, die pornographische Infiltration des amerikanisches Geistes, vorgehen, wissen linke Feministinnen längst, daß diese Zensurkampagne auf Kosten kritischer, auch offensiv lesbischer Künstlerinnen geht.
Und heute abend? Miss Sexpert zeigt und kommentiert Beispiele lesbischer Erotik aus Filmen der letzten beiden Jahrzehnte – sie konfrontiert frühe feministische Lesbenfilme mit den B-Movie-Phantasien Russ Meyers und David Hamiltons Hollywood- Lesbenkitschromanze „Desert hearts“ mit lesbischen Hardcorepornos. Nebenbei gibt sie ihre Ansichten zur Entwicklung lesbischen Selbstbewußtseins zum besten und vergißt bei allem nicht die Selbstironie.
So oder so, Lesben und solche, die es immer schon werden wollten, sollten ihre Performance nicht verpassen. Bei reger Nachfrage antwortet sie sicherlich gerne auf die drängende Frage, ob Vibratoren abhängig machen. Petra Lüschow
„All-Girl-Action“, heute um 20.30 Uhr, Kulturbrauerei, Knaack-/Ecke Dimitroffstraße, Prenzlauer Berg. Ladies only.
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