Sanssouci: Vorschlag
■ Fritz Langs „Frau im Mond“ im Regenbogenkino
Jüngst wollten Rüstungsexperten die Pioniertaten deutscher Raketenforschung feiern. Anlaß war der 50. Jahrestag des ersten Raketenstarts in Peenemünde. Übersehen wurde, neben vielem anderen, daß der wirklich erste erfolgreiche deutsche Raketenabschuß bereits 1929 in Babelsberg erfolgte. Dort eroberte Fritz Lang den Mond für sein Melodram „Die Frau im Mond“. Idealistische Wissenschaftler, Saboteure, Liebende und sogar Kinder fanden in seiner Rakete Platz.
Der Mond sah damals noch recht einfach aus: dreißig Güterwagen Ostseesand gaben ihm ein wenig von der Idylle einsamer Inseln. Auch hatten die Astronauten keine Atem- oder Schwerkraftprobleme. Es liebte und gangsterte sich auf dem Mond ganz so wie auf der Erde, in Knickerbockern und Wanderschuhen. Der Film wurde schon zu seiner Zeit als rückständig verrissen und Fritz Lang angeraten, endlich keine Drehbücher von Thea von Harbou mehr zu verfilmen, die man für die merkwürdige Mischung aus zukünftiger Technik und altmodischen Menschen verantwortlich machte. Doch heute wissen wir ja, daß eigentlich jeder gute Science-fiction-Film die ewig gleichen menschlichen Probleme durchs All schleppt.
Ausgangspunkt der Geschichte von Thea von Harbouz ist einmal mehr ein unverstandener Wissenschaftler, der allein an die Möglichkeit einer Reise zum Mond glaubt, auf dem er riesige Goldvorkommen vermutet. Die Wall Street heftet sich in Gestalt eines ekligen Spions an seine Fersen, er erzwingt sogar seine Teilnahme am Flug. Mit an Bord sind noch der Assistent des Professors, ein Ingenieur, der das Projekt unterstützt, und zwei blinde Passagiere: die Verlobte des Assistenten und ein junger Fan. Auf dem Mond komt es dann – wie sollte es auch anders sein – zu etlichen dramatischen Verwicklungen.
Für die technische Beratung des Films hatte Lang namhafte Experten engagiert. Die Gestaltung der Mondrakete war so realistisch, daß „Die Frau im Mond“ 1937 verboten wurde. Die Gestapo zog die Filmkopien und alles, was sonst noch an Modellen oder Skizzen vorhanden war, ein – die Nazis wollten auch Raketen bauen. Selbst die Nasa profitierte noch von der Pionierarbeit Fritz Langs: sie übernahm dessen dramaturgische Entdeckung des „Countdown“. nona
„Die Frau im Mond“ in rekonstruierter Musikfassung, heute und morgen um 20 Uhr im Regenbogenkino, Lausitzer Straße 22
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