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SanssouciVorschlag

■ „Turnabout“ von Hal Roach im Kino Arsenal

Was würden Sie tun, wenn Sie jeden Morgen neben jemandem aufwachen, der sein Fitneß-Programm schon unter der Bettdecke beginnt, um danach mit einem enormen Hündchen, einer Dogge möglicherweise, einen Boxkampf zu bestreiten? Vielleicht zum nächstbesten Küchenmesser greifen und Mensch samt Hund filettieren oder dem anderen einen Tag die eigene Haut auf den Hals wünschen? Man könnte auch eine satirische Slapstick-Comedy machen, wie es der vor kurzem gestorbene „King of Comedy“, Hal Roach, Erfinder von „Stan and Laurel“, den „Kleinen Strolchen“, anno 1940 tat: „Turnabout“ entstand nach einem Buch des genialischen Thorne Smith, der schon für Roachs Abenteuer des Bankiers Cosmo „Topper“ (1937) die Vorlage lieferte. Körpertausch, body switch, ungefähr so, wenn Arnold Schwarzenegger als Barbara Bush erwachte. Fast fünfzig Jahre später fand auch Blake Edwards („Switch“) daran noch sein Vergnügen. Mrs. Sally Willows (Carole Landis) ist die besagte genervte Frau an der Bettseite von Tim Willows (John Hubbard), Geschäftsmann und frühem Aerobic-Anhänger. Jung, vermögend geben sie sich dem permanenten Streit um morgendliche Leibesertüchtigung mit Hund hin. Und am Abend folgt der fromme Wunsch, einmal im Leben in der Haut des anderen zu stecken. Mr. Ram, steinerne indische Schlafzimmerbüste, hat schließlich ein Einsehen: Sally turnt am nächsten Morgen im Pyjama, Tim putzt sich die Zähne im hauchdünnen Negligé. Dem Entsetzen der Hausangestellten schallt ein strictly confidentially um die Ohren, es bleibt unter uns. Andere Körper, andere Eigenschaften? Mitnichten. Die Erfüllung geheimer Wünsche birgt unvorhergesehene Tücken im Alltag. So glaubt er-sie, Tims gerissenem Mitgeschäftsinhaber (Adolphe Menjou) ein paar ethische Werte beibiegen zu können. Und sie-er schürt Eifersüchteleien mit intimem Wissen zwischen der impertinenten Freundinnen-Riege über ihre Ehemänner. Nur weil sie als er erscheint und umgekehrt, bleibt die Erde allemal rund. Wird auch die Welt draußen in irrwitzige Konfusionen verwickelt, da einer garantiert immer das Richtige zum falschen Zeitpunkt weiß – an den Spielregeln zweifelt niemand. Verrückt sind die anderen. Am Ende obsiegt zwar in der skurrilen Komödie, einer wahren cineastischen Perle innerhalb der „Screwball-Comedy“-Reihe im Arsenal, die Ordnung des Gewohnten. Doch Hal Roach denunziert den Geschlechtertausch nicht. Noch münden die Schlachten der body-switcher zwar in die Einsicht, es erst einmal lieber seinzulassen. Aber, hol's der Teufel, etwas ist hängengeblieben – „he is going to have a baby“... Yvonne Rehhahn

„Turnabout“, Regie: Hal Roach; mit John Hubbard, Carole Landis und Adolphe Menjou, heute, 22.15, Arsenal

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