Sanssouci: Vorschlag
■ Broon im Huxley's
Als Andrew Eldritch mal wieder alle seine Mitschwestern gefeuert hatte, aber sich immer noch nicht traute, unter seinem eigenen Namen Platten zu machen, sah er sich gezwungen, die Sisters of Mercy komplett neu zu rekrutieren. Das war 1989, und unter den Auserwählten, die fortan dem Zeremonienmeister des schwarzen Gefühls den nötigen verhängnisvoll schwelgenden Background liefern sollten, fand sich auch ein ehemaliges Mitglied von Sigue Sigue Sputnik. Wir sehen also, Eldritch nahm sich nur die Besten.
Da er sich zu der Zeit just in Hamburg aufhielt, stolperte er wohl auch über einen Herren namens Andreas Bruhn. Der trug auch gerade schwarzes Leder, das paßte ganz hervorragend, also rein mit ihm in die Band. Die versammelten Knallchargen durften die dritte LP der Sisters of Mercy namens „Vision Thing“ orchestrieren und die Begleitkapelle für die anschließende und werbende Tour mimen. Das trug sich zu im Jahre des Herrn 1989.
Vor gar nicht langer Zeit fühlte sich der Herr Bruhn offensichtlich mit seiner Statistenrolle nicht mehr ausgelastet und beschloß deshalb, eine Soloplatte machen zu wollen. Dafür dachte er sich den schön prägnanten Namen Broon aus, denn das klingt ja irgendwie englisch, und Andreas heißen ja auch schon so viele Leute.
Zur Promotion seiner eigenen Bemühungen vertraut er ganz auf seine ausführliche Vergangenheit als Gnadenschwester und behauptet trotzdem, etwas ganz anderes zu machen. Stimmt aber nicht. Über der gesamten Platte hängt der alles beherrschende Schatten von Eldritch. Ja, man hört noch nicht mal das ehrliche Bemühen heraus, irgend etwas anders machen zu wollen. Das Schlagzeug tom-tömmt genauso monoton wie bei den Sisters, um pünktlich zum Refrain hektischer zu werden. Die Songs sind ebenso episch, die Gitarre genauso gezügelt und verhalten-hinterlistig. Selbst der Gesang von Broon könnte mit einem Hauch Böswilligkeit als von Eldritch abgekupfert erscheinen.
Das alles ist nicht weiter schlimm. Vor allem, weil Broon nie die unheilvolle Größe des Meisterbeschwörers der dunklen Mächte erreicht. Sein Gruftrock funktioniert nicht wirklich, ihm fehlt die böse Seele. Was bleibt, ist halt Rock oder Sisters minus Gänsehaut. Was nicht heißen soll, daß solch ein mißlungener Versuch nicht auch anzuhören ist. Den richtigen Produzenten hat er sich jedenfalls gesucht. Chris Tsangarides hat schon für Judas Priest gearbeitet. Da weiß man, was man hat. Thomas Winkler
„Broon“: Heute um 20 Uhr im Huxley's Jr., Hasenheide 108-114.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen