Sanssouci: Vorschlag:
■ Taj Mahal „solo“ im Lucky Strike Originals
Foto: Veranstalter
Es gibt Bluesmusiker, die ein Leben lang eigentlich nur einen Blues spielen. Es gab Bluesmusiker, die berühmt wurden, während sie auf einem Stuhl saßen, und andere wiederum, die sich setzen mußten, nach all den Bühnenbluesjahren. Es gibt jene Lebende wie Tote, die revivalt werden, die sich gar selbst kopieren müssen, wollen sie Authentizität behaupten. Es gibt Urgroßväter, die ihre Farm verlassen, um durch lausige Clubs zu touren, es gibt jene, denen ausgerechnet dann der Blues vergeht, wenn sie für das öffentliche Leiden entlöhnt werden. Es gibt: lebende Legenden, totgeglaubte Lästermäuler und gitarreschleifende Überlebende, die noch durch ihre geweißten Gebisse den Sound der real motherfuckers und anderer dirty dozens quälen, wie nur sie es können. Und es gibt: Taj Mahal, den Musiker, der in den vergangenen dreißig Jahren die Bluesgeschichte wie kein zweiter durchforstete und auf über zwanzig Platten dokumentierte, daß angewandte Musikethnologie durchaus hörbar sein kann.
Der Multiinstrumentalist Mahal, der neben seiner Schauspielertätigkeit auch Kinder- und Filmmusik komponiert, er war auch mit Miles Davis und John Lee Hooker bei Dennis Hoppers Hot-Spot-Soundtrack dabei, begann 1964 gemeinsam mit Ry Cooder den Spuren amerikanischer Volksmusik nachzugehen. Er tritt mit Tuba-Gruppen und Big Bands oder wie heute auch solo auf, verwertet karibische und westafrikanische Musiken, frühen Jazz und alten Südstaatenfolk, um vorzuführen, daß der Blues sowohl funky wie lazy gespielt werden, sowohl cryin' wie jumpin' sein kann. Mahal recycelt den Blues, um ihn vor dem schnellen modischen Fall zu bewahren, der jedem Revival folgt. Christian Broecking
Um 22 Uhr im Lucky Strike Originals, S-Bahn-Bögen 177–180.
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