Sanssouci: Vorschlag
■ Durchaus auch für Ältere geeignet: The Tab Two im Quasimodo
Die aktuelle CD (IRS) des Ulmer Duos The Tab Two hält, was die Headline auf dem Cover suggeriert: HipJazz. Waren ihre beiden digitalen Vorläufer noch eher im Sphärig-Verschwommenen angesiedelt, ist jetzt der boomende Beat das Motto. Und wenn es mit den Lyrics noch etwas hapert – „we are the tab two“ – reimen tut sich letztlich auch darauf was – „don't you know we love you?“. Nun denn.
Vor drei Jahren bereits tat sich der bassende Kraan- und Fehlfarben-Veteran Hellmut Hattler samt seiner Jazzrock- und Neudeutschwellenbiographie mit dem rappenden Youngster-Trompeter Joo Kraus zusammen, um fortan als Miles-Davis-Club- Version durch die Lande zu pilgern. Offensichtlich beeindruckt vom Fusion der Endachtziger, von M-Base, DooBop und allerlei Gesäuertem zwischen Disco und Dancefloor, scheinen sie irgendwie an der deutschverorteten, aber anglophonen Antwort auf Greg Osby und Steve Coleman, Guru und Ronny Jordan zu basteln – ohne Ghetto-Lyrics und Streetfighter-Pose also, aber auch keine Schmalzgitarre und Chartgewimmer. Erstaunlich um so mehr, daß überhaupt noch was blieb.
Im vergangenen Jahr groovten The Tab Two ausgiebig durch die Pariser Clubs und auf dem Lyoner Paleo-Festival, bei der „Jazz Pulsation“ in Nancy führten sie vor, daß Hipsein auch noch denen möglich ist, die sich der Hopgeneration schon entwachsen wähnen. Keiner der Wir-um-die-Dreißig(-plus) muß sich bei Tab-Two-Gigs in die Ecke verdrücken, weil er etwa das Outing fürchtet, daß sein sportlich-korrektes Käppi nicht den Kopf des Nachbarn kostete, sondern lediglich ein lässiges Zucken mit dem Plastikmoney. Keiner muß hier den potentiellen Copkiller mimen oder den Gangsta vom Hermannplatz. Nein, zu Tab Two kann man sich mal ganz relaxed trauen und auch den Gedanken vielleicht, daß Miles längst nicht so tot ist, wie es bei Guru riecht. Für Adult-Jazzer, die's brauchen, gibt's, na klar, das passende Spielzeug zum Gig: Tab Toys. Und den großen Blonden mit Zeigefinger und den kleinen Käppiisten mit Kippe als Strichmännlein auf Sticker und Poster und T-Shirts und... Christian Broecking
Sonntag 22 Uhr im Quasimodo, Kantstraße 12a, Charlottenburg
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