Sanssouci: Vorschlag
■ Freie Berliner Kunstausstellung, Spot 1: Elke Müller
Elke Müller: „Linie 1“ Abbildung: Katalog
Da fährt sie, die berühmte Berliner Linie 1. In Richtung Osten. Vorbei an einer Häuserfront, die aus der Jahrhundertwende stammt. Ein typisches Berliner Lückengrundstück schließt sich ihm an. Unterhalb der Bahn, in einem kraterähnlichen Schacht, erkennt man schemenhaft einen Mittelklassewagen. Elke Müllers Farbfotografie mit dem Titel „Linie 1“ erinnert, was die Perspektiven betrifft, entfernt an Bilder von M.C. Escher: Bei genauerem Betrachten ergeben sich sogar mehr als zwei Perspektiven. Was sich einerseits wie ein Krater in die Erde bohrt, wächst andererseits – Baselitzisch auf den Kopf gestellt – als Berg oder abgebrochener Baumstamm in die Höhe. Im oberen Bildteil überlagern sich blauer Himmel und Gesteinsgewölbe. Die weißlichen Gesteinsmassen im unteren Teil könnten, umgekehrt betrachtet, auch ein Horizont sein. Innerhalb des Bildes vermischen sich denn Normalität und die totale Umkehrung der Verhältnisse. Es gibt kein eindeutiges Oben und Unten mehr: Da ist ein schädelartiges Gebilde im Geröllhimmel auszumachen – etwas, das doch gemeinhin auf dem Friedhof ruht. Das Auto, Prototyp der Zivilisation, befindet sich ganz unten. Zugleich gewaltsam in die Erde eingedrungen, aber auch fast schutzlos der Naturgewalt ausgeliefert. Verkehrte Welt. Katja Winckler
Bis 1.5., täglich 10–19 Uhr, Messehallen 9 a/b/c, Eingang Messedamm, Charlottenburg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen