Sanssouci: Vorschlag
■ Audrey Motaung im Quasimodo
Audrey Motaung wuchs vor 40 Jahren in Hermannskral, einem kleinen Dorf des südafrikanischen Homelands Bophuthatswana in der Nähe von Pretoria, heran. Dort gab es auch eine Kirche, in der ihre Oma an einer Pump-Orgel spielte. Und dort lernte Audrey zunächst einmal das Musikmachen zu hassen, denn ihre Aufgabe war es, in die Knie zu gehen, um den Blasebalg zu bedienen. Wenn sie heute von ihrer Kindheit erzählt, erinnert sie sich zwar an Musik, die man auf der Straße spielte, in der Kirche und auf Beerdigungen sang, aber auch daran, daß es zumindest für Schwarze keine Musikschule gab, und daß ihr Vater zwischen einer Prostituierten und einer Sängerin, die für Geld auftritt, keinen Unterschied sah. Nach einer Ausbildung zur Realschullehrerin wanderte sie nach London und später Hamburg aus, wo sie jetzt seit 18 Jahren lebt.
Man müsse hier wissen, daß Südafrikaner, egal, ob schwarz oder weiß, immer zuerst aus politischen Gründen auswandern, sagt sie. Da Südafrika ein Land sei, das nach Blut und Blumen duftet. Gefragt, was sie über den deutschen Nationalismus denkt, verblüfft sie mit der Aussage, daß ihr Südafrika da immer noch lieber sei. Weil dort die Fronten klar sind, der unterschwellige Rassismus hier hingegen sei unberechenbar. „Und das ist das schlimmste daran. Wenn man sich nicht mehr trauen kann rauszugehen.“
In Hamburg rief man sie an, wann immer Udo Lindenberg oder Howard Carpendale eine Soul-Stimme im Hintergrund brauchten. Bei Karstadt stieg sie von einer Preisauszeichnerin zur Abteilungsleiterin auf, und daheim macht sie den Haushalt für vier Kinder und Mann. Auf ihrer Debüt-CD „African Sun“ (EWM) sang sie engagierten Mandela-World-Pop. Sie organisierte und tourte durch zahlreiche Frauenfestivitäten, ballte die Faust zu Afro-Rock, trommelte zu Liedern über afrikanische Wanderarbeiter und führte verschwitzte Regentänze auf. Auf ihrer aktuellen CD „Colours Can't Clash/But People Do“ (Soulciety/EWM) kommt sie jetzt im Party-Soul-Design und mit Texten, die vorwiegend von Liebe erzählen. Ihr Kommentar: „Ein afrikanischer Musiker darf nur Tam-Tam machen. Das erwarten die Leute. Ich will aber nicht nur eine Politik-Tante bleiben. Ich möchte auch ein bißchen Spaß am Leben haben.“ Christian Broecking
Morgen, 22 Uhr, Quasimodo, Kantstraße 12a, Charlottenburg.
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