Sanssouci: Vorschlag
■ Freie Berliner Kunst- ausstellung, Spot 3: Qikai Zhang
Qikai Zhang: „Ohne Titel“ Abb.: Katalog
Das Gemälde des 44jährigen Qikai Zhang ist weder ein Architekturbild noch eine Tierdarstellung – auch wenn es scheint, als träfe zumindest eins von beiden zu. Zuerst sieht man einen Hund, einen wachsamen deutschen Schäferhund, in einem nicht näher definierbaren Innenraum. Ein an sich banales, aber auch leicht anzügliches Thema. Schließlich haben Nazikünstler wie Theodor Kärner auch die schönsten Schäferhunde hingekriegt. Und doch führt einen die realistische Darstellung bei der Suche nach Sinn und Bedeutung dieses Gemäldes auf eine falsche Fährte. Für ein Tierporträt ist der Hund um einiges zu klein gemalt, für eine Architekturdarstellung ist die dargestellte Architektur zu unbestimmt.
Das Bild bleibt in erster Linie abstrakt: als Gefüge von Linien, in dem die Verteilung von Licht und Schatten (oder besser, die hellen und die dunklen Zonen) nach einem offenbar exakt berechneten Schlüssel festgelegt sind. Die Holzbalken und die merkwürdigen, unerklärlichen Striche auf dem Boden erinnern entfernt an Kompositionen von Piet Mondrian. Der dramatische Fluchtpunkt wirkt sich ähnlich auf die Wahrnehmung aus: Die Horizontalen und Vertikalen, die beleuchteten und die diffusen Bereiche formieren sich zu einer Spirale, die sich in eng und immer enger werdenden kantigen Bewegungen in das Bildinnerste dreht, hinein in die Stelle, die knapp über dem Mittelpunkt der Leinwand liegt. In gewisser Weise steht dieses vermeintlich realistische Bild damit den schwarzen Gemälden von Frank Stella oder auch Werken der Op-art-Künstler näher als einem gegenständlichen Maler wie – sagen wir – Mattias Koeppel (übrigens auch auf der FBK). Bei Qikai Zhang ist der Hund formaler Kontrapunkt zu dem bildbeherrschenden Liniengeflecht, mehr nicht. Ein fremdes Wesen in fremder Umgebung, ein Bildelement neben vielen anderen, ihm ebenbürtigen Bildelementen. Nicht umsonst trägt die Arbeit den Titel „Ohne Titel“. Ulrich Clewing
Die 24. FBK-Ausstellung, noch bis zum 1. Mai, täglich von 10 bis 19 Uhr, in den Messehallen 9a, b und c, Eingang Messedamm.
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