Sanssouci: Vorschlag
■ Geigen fiedeln hochentschlossen: The Silos im Loft
Wer Verläßlichkeit schätzt und Aufgeregtheit nicht vermißt, ist in diesem Konzert richtig, denn auch Walter Salas-Humara scheint es nicht besonders eilig zu haben. In zehn Jahren legte er mit seinen Silos genau fünf Alben vor. Regelmäßige Arbeit. Hübsch aufgereiht wie die Orgelpfeifen zieren „About her steps“, „Cuba“, „The Silos“, „Hasta la victoria“ und das jüngste Produkt „Diabolo“ den Weg der Silos zum Liebling der Kritiker. Zwar ist im Leben nichts von Dauer, wie Salas-Humara treffend bemerkt, aber steter Fleiß scheint irgendwann dann doch Preis zu tragen, um den Sprüchebeutel noch mal zu schütteln.
Dabei begannen die Silos ganz bescheiden als Highschool- Formation in Fort Lauderdale, Florida, wo der ursprünglich aus Kuba stammende Salas-Humara aufwuchs. Walter, sein Schulkumpel Bob Rupe und ein paar inzwischen Vergessene schmissen sich zu einer inzwischen ebenfalls namenlosen Band zusammen. Man spielte, schloß die Schule ab und verlor sich aus den Augen. Bis 1985 eines der üblichen Wunder des Lebens geschah: Walter und Bob trafen sich zufällig in New York wieder. Damit schlug die eigentliche Geburtsstunde der Silos. Aber im Leben ist halt nichts von Dauer, und so spielt Bob Rupe heute bei Gutterball, während Walter Salas-Humara 1988 mit „Lagartija“ ein Solo-Album veröffentlichte und zwischenzeitlich bei den Setters hof hielt. Von der ursprünglichen Silos-Besetzung blieben nur noch Walter und Mary Rowell übrig. Den Bassisten für „Diabolo“ holte man sich mit Scott Garber von Giant Sand.
Überhaupt diese hochartistische Geige von Mary Rowell. Sie fiedelt sich entschlossen an Baß und Drums vorbei in den Vordergrund und läßt auch Walter Salas-Humara mitunter wie seinen eigenen Background-Sänger dastehen. Aber der Mann klingt auch so schon mal wie eine stark erkältete Kreuzung aus Marianne Faithfull und Velvet Underground, wenn er traurige Geschichten und Weisheiten aus dem Leben eines Mannes preisgibt, bei dem es mit der Liebe natürlich nicht klappt und der auch kein richtiger Cowboy sein will. („Dunkel“ – harhar! – klingt der gute Walter jedenfalls nicht!) Weder ist es lauterer Folk noch Country, noch purer Rock, was aus den Boxen dringt. Salas-Humaras Songs und Coverversionen haben von allem etwas und taumeln am ehesten wie Flugzeuge der Notlandebahn ihrem rettenden Ende entgegen. An „Start to burn“ zum Beispiel kann das überprüfen, wer es nötig haben sollte. Bei den Silos rumpeln zwar auch Anklänge an das rostige „I want my MTV“, aber die wheepy Lap Steel windet sich an einer immer noch schüchternen Elektrik entlang. Alles irgendwie im Fluß. Musik, die unterwegs ist von hier nach da. Genau: „Nothing's Gonna Last“. Anke Westphal
Heute, um 20.30 Uhr, Loft im Metropol, Nollendorfplatz 5, Schöneberg.
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