Sanssouci: Vorschlag
■ Musikalisches Gedächtnis der Welt: Don Cherry im Quasimodo
Foto: world music
Das Billigste, was man über Don Cherry sagen kann, kommt vom afroamerikanischen Essayisten Stanley Crouch: „Als Cherry noch Kraft hatte, spielte er zehnmal besser Trompete als Lester Bowie.“ Nicht gerade ein Kompliment – denn in Crouchs Ohren kann Bowie gar nicht Trompete spielen. Der südafrikanische Pianist Abdullah Ibrahim hingegen verehrt den Globetrotter Cherry als „the brother with perfect timing“. Und der Jazz- Hero Thelonious Monk nannte ihn gar „ugly beautiful“.
Der 1936 in Oklahoma geborene Multi-Instrumentalist wuchs in Watts, Los Angeles, auf und war in den vergangenen 35 Jahren bei den wichtigsten Ereignissen im Jazz dabei. Als Mitglied des legendären Free-Jazz-Quartetts Ornette Colmans ging er 1959 nach New York. Mit John Coltrane nahm er „The Avantgarde“ auf und mit Sonny Rollins „Dearly Beloved“. Während er weiterhin im Avantgarde-Zentrum New York einflußreiche Platten einspielte und zur Schlüsselfigur des neuen Jazz wurde, reiste Cherry ab Mitte der sechziger Jahre auch häufig um die Welt. Er lebte in Afrika, Asien und Europa, wo er die lokale Musik studierte und aus den unterschiedlichen Einflüssen ein umfassendes Weltmusik-Konzept entwickelte. „Cherry ist das musikalische Gedächtnis der Welt“, kommentierte sein Kollege Karl Berger. In den achtziger Jahren arbeitete Cherry auch mit Lou Reed zusammen und experimentierte gemeinsam mit seiner Stieftochter Nene mit Funk, Punk und Rap. Heute lebt er in San Francisco.
Als Cherry einmal gefragt wurde, wie es dazu kam, daß seine Kinder auch Musik machen, sagte er, „weil sie gelernt haben, daß sie als Teil einer Kultur dafür verantwortlich sind, sie lebendig zu halten. Genauso war es mit Jim Pepper (1941-1992, d. Red.), der Saxophonist, der mit mir nach Westafrika kam. Jim war ein Indianer, sein Vater war ein PowWow-Sänger“, so Cherry, der selbst afroamerikanische und indianische Vorfahren hat, „und die Reaktion in Afrika war überwältigend, als Jim eines seiner selbstkomponierten PowWow-Stücke spielte. Sie erkannten hierin etwas wahrhaft Amerikanisches.“ Christian Broecking
Heute um 22 Uhr, im Quasimodo, Kantstraße 12a, Charlottenburg
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