Sanssouci: Nachschlag
■ Schnippy rhythms: Archie Shepp im Quasimodo
Foto: Detlev Schilke
Der Jazz boomt! Zum dritten Mal in diesem Jahr weilt My- sax-is-a-sex-organ-Professor Archie Shepp nun schon in Berlin, und diesmal gleich drei Abende am Stück. Die Zeiten, als der zornige Avantgardist sein Saxophon zur Waffe des Vietcong erklärte und den Soundtrack zu Black Power spielte, sind schon lange vorbei – und das ist auch Shepps Message für die Neunziger: black man's music statt black boy's pose. Also gibt er Blues und schnippy rhythms statt Sozialhilfemusik – und zwischendurch immer auch mal etwas Eingemachtes von Grandma Rose, die vor langer, langer Zeit mal Archies erstes Saxophon abstotterte. Wenn Shepp nach Berlin kommt, beginnen Veranstalter zu zittern. Den Flieger um 16 Uhr verpaßte Shepp auch am Donnerstag, also kam er erst um 20 Uhr. Aber er kam. Mit seiner weit unterschätzten Kapelle – Horace Parlan, Wyne Dockery und Steve McCravern – und viel Spirits und guter Laune. Der 57jährige Shepp singt vom New-love-paradise und den 3-Uhr-Morgens-Blues und sabbert seinen big-fat-juicy-tenor-sound, wie nur er es kann: Original sound, folks! – no copy, no museum.
Der Jazz boomt! Ein weiterer Coltrane-Veteran kommt nächsten Mittwoch zu einem seltenen Clubgig ins Quasi: Pharoah Sanders. Versprochen! Und wann haben Sie schon mal das Seattle-Jazzer-Trio Oregon in einer Clubperformance erleben können? Morgen ebenfalls im Quasiangebot. Verpassen Sie also nicht den Vor-Jazz-Fest-Boom, lesen Sie taz und fragen Sie Ihren lokalen Jazzdealer! Christian Broecking
Heute, 22 Uhr, Quasimodo, Kantstraße 12a, Charlottenburg
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