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SanssouciNachschlag

■ Volk-und-Welt-Autor T.M. McNally las aus seinem ersten Roman "Until Your Heart Stops"

Was man alles machen kann: ein schlechtes Buch wohlwollend umfangreich zensieren, dann wird man bei der Lesung vom Verlag auch umfangreich zitiert. Oder sich als junger Übersetzer – mit dem eigenen Alter und Vermögen kokettierend – ins Kielwasser eines amerikanischen Newcomers hängen. Oder man ist erstens wirklich Amerikaner, zweitens als Autor ohnehin ganz nah am bloody puls der Zeit und außerdem noch katholisch. Dann kann man einen neuen Prosaband über sex, kids und suicide in der High-School auf den Markt werfen, wie T.M. McNally.

In seinem ersten Roman „Until Your Heart Stops“ erzählt er die Geschichte von dem 17jährigen Walker Miller, der sich an einem schwülen Sommerabend irgendwo in der Provinz von Arizona eine Kugel in den Kopf jagt. Abwechselnd aus der Perspektive von Joe, Edith, Jenna oder Ray schreibend, bringt McNally seinen Alptraum erbarmungslos zu Ende. Joe und Edith waren Walkers beste Freunde, Jenna Ediths Coach und Ray der Fahrlehrer an der Local High-School. Es geht um nichts weniger als darum, „die Welt zu begreifen, wie sie ist“ – zumindest ein Stückchen mehr. Immer tiefer dreht sich die Spirale von Gewalt und Selbstzerstörung, einer nach dem anderen tritt ab oder knallt durch – selbst die Liebe wird da zum Problem.

Zur Vorstellung seines Romanerstlings hatte der Verlag Volk und Welt am Montag ins Amerika-Haus geladen. Mit dabei auch der junge Übersetzer Christoph Schnenke, der „die vielen (verschiedenen) Wörter im Buch einfach unglaublich“ fand. Abwechselnd lasen er und McNally die dramatischen Sequenzen der Geschichte. Das Ende blieb offen. Nur soviel, daß „in the end you're all you've ever got“ (immerhin). Bei der anschließenden Diskussion kam es zu überraschenden Coming-outs. So gestand eine Frau, während der Lesung starke Assoziationen zur Farbe Weiß gehabt zu haben. („Yeah, that's great!“, T.M. McNally.) Weiß zum Beispiel wie der Schnee in Arizona oder das Licht – oder die Leere? McNally, der 1991 für seinen Erzählband „Low Flying Aircraft“ den Flannery O'Connor Award erhielt, hat mit seinem neuen Roman den großen Wurf noch nicht gelandet: Gehaltvoll wie ein Big Mac, ist er nur etwas für den kleinen Hunger zwischendurch. Julia von Trotha

T.M. McNally: „Diese Wut in uns“ (Until Your Heart Stops), Verlag Volk und Welt, 39,80 DM.

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