Sanssouci: Vorschlag
■ Cop Shoot Cop im Loft
Was ganz Hartes kommt da noch auf uns zu! Bevor die seligmachenden Lichtlein in hellstem Glanz erstrahlen, dürfen eifrige Rockisten und andere Insteressierte sich nochmal an einer wummernden Ladung relativ unbesinnlicher Musik delektieren. Und zwar an der von Cop Shoot Cop, einer New Yorker Band, die mit dem englischen Big-Cat-Label eine adäquate musikalische Heimat gefunden hat. Dieses Label wirft bevorzugt in den Seitenarmen von Indierock seine Netze aus, fährt dort reiche Beute ein und tat Cop Shoot Cop zu einer Zeit auf, als Rock und Punk trotz Bon Jovi und Nirvana sich im tiefen Tal der Superkrisen befanden und die Schlüssel für ihre jeweiligen Grabkammern gleich mitproduzierten. Frische Blaupausen für frische, bewegliche Köpfe waren gefragt, und neben Reduktion, Abstraktion und Gefühlsminimalisierung konnte man auch in gläsern-skelettierter Heavyness oder zart-wütenden Monotonien sein neues rockiges Zuhause finden: Hinweg mit all dem Retro-Mist, goodbye Nostalgie, auf in eine neues Jahrtausend!
Ohne wärmespendende Gitarren bolzen sich Cop Shoot Cop nun mit zwei Bässen, Drums und ein paar Maschinchen auf diese Reise. Das hört sich knochentrocken und furzbrutal an, hat genausoviel von helmetsche stop-an'-gos wie von unsaneschem Gestochere, klingt nicht selten aber auch, ganz im Sinne der New Yorker, nach düster-gotischem Untergangsrock und osteuropäischen Volks- und Straßenmusiken. Ziemlich viel auf einmal, aber aus den Boxen ertönt nichts anderes als vollster, durchorganisierter Sound. Dieser gibt einem cool eine Ahnung davon, wie Apokalypsen in Rock-'n'-Roll-Landschaften aussehen, ohne gleich suizidgefährdeten Menschen den letzten Amoklauf auf die übrige Zeit zu gestatten. Soundmanien, die nur aufpeitschende, euphorische Phasen kennen, nie Antriebsarmut und Denkhemmung. Und alle gefährdenden Stimmungen mitsamt ihren Schwankungen werden bei denen fast immer in straff gespannten Schwebezuständen gehalten: Ironisch-humorvolle Brechungen kommen höchstens in den lyrics vor, Schönheiten und Wohlklang gelangen kaum an die Oberfläche, und nur selten löchert sich ein kleines Melodiechen in diesen Wall. Doch wen stört das schon, die Welt ist doch kein Witz! Gerrit Bartels
Morgen, 18.12., im Loft, 20.30 Uhr.
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