piwik no script img

SanssouciVorschlag

■ Zehn Jahre deutsch-türkische Theaterarbeit in Berlin: Diyalog feiert 4 Wochen lang

Das türkische Kulturensemble Diyalog orientiert sich in seinen deutsch-türkischen Produktionen seit 1984 nicht an sprachlichen Reinheitsidealen, sondern am lebendigen Kauderwelsch der türkischen Berliner. Damit hat die engagierte, junge Truppe auch beim deutschen Publikum Erfolg. Nun feiert Diyalog sein zehnjähriges Bestehen mit einem ausgedehnten Theaterfest. Im Januar und Februar bietet eine Reihe von Veranstaltungen Gelegenheit, ein breites Spektrum türkischer Theaterarbeit kennenzulernen. Ziel dieser Unternehmungen ist es, die verstreuten freien Gruppen in Berlin und ihr Publikum einmal zu versammeln, um eine Art Bestandsaufnahme vorzunehmen und neue Perspektiven zu entwickeln.

Zu begrüßen ist vor allem, daß diesmal auch Gäste aus der Türkei eingeladen werden konnten. Genco Erkal aus Istanbul, Regisseur und einer der ausdrucksvollsten Schauspieler der türkischen Bühne, wird am 16. und 17. Januar „Menschenlandschaften“ nach Nazim Hikmet in türkischer Sprache spielen – ein wirkliches Ereignis!

Der Regisseur Yilmaz Onay wurde eingeladen, einen Workshop abzuhalten, in dem Berliner Jugendliche ihre Erfahrungen mit Gewalt in szenisches Spiel umsetzen sollen. Onays Inszenierung von Dario Fos „Bezahlt wird nicht“ wird im Rahmen des Theaterfestes ebenfalls zu sehen sein. Außerdem werden Kinderstücke wie „Die merkwürdigen Geschichten des Hodscha Nasreddin“, „Der kleine schwarze Fisch“ (nach Samad Behranghi) und „Das Kamel“ von Dumitru Solomon aufgeführt sowie das erfolgreiche Jugendstück „Der Indianer will zur Bronx – Bronx Nerede?“ von Israel Horowitz. Darüber hinaus gibt es verschiedene Gastspiele, wie zum Beispiel Robert Schneiders „Dreck“ in der Inszenierung des Münchner 1-Mal-Theaters und „Hier leben“ aus Oldenburg: eine Produktion auf spanisch, türkisch und deutsch über das Fremdsein.

Den Auftakt der Reihe bildet heute abend eine Podiumsdiskussion „Zur Entwicklung und gegenwärtigen Situation des türkischen Theaters in Berlin“ im Ballhaus Naunynstraße. Hier soll über Finanzierungs- und Inszenierungsprobleme diskutiert werden, unter anderem auch über die Frage, ob das türkische Theater im Kiez auch deutsche Zuschauer hinter dem Ofen hervorlockt, oder darüber, welche Rollen ein junger, in Berlin ausgebildeter Schauspieler türkischer Herkunft denn nun spielen darf. Der Übergang vom „Gastarbeitertheater“ zu neuen, wirkungsvolleren Konzepten und der Kampf um Anerkennung in der Berliner Kulturlandschaft sind alles andere als leicht, aber in jedem Fall vielversprechend. Deniz Göktürk

Podiumsdiskussion mit Niyazi Turgay, Argun Üner, Yilmaz Onay, Volker Bartz, Metin Tekin, Yüksel Yolcu, Moderation: Kerim Edinsel, Musikeinlagen von Tayfun, heute, 20 Uhr, Ballhaus Naunynstraße 27, Kreuzberg, Eintritt frei. Informationen über das Programm bis 12. Februar bei Diyalog, Oranienstraße 34, Kreuzberg, Telefon: 615 64 54.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen