Sanssouci: Vorschlag
■ Dancefloor für harte Burschen: Cubanate im Knaack
Früher einmal war das Tanzen eine zutiefst romantische Angelegenheit. Wenn man seinen Körper wiegte, hatte das in erster Linie etwas mit Liebe und Sexualität zu tun, waren die Diskotheken und Konzertsäle noch ein Aufmarschgebiet für Balzende. Inzwischen hat das rhythmische Bewegen mehr Ähnlichkeit mit Extremsportarten. Oder es dient einer Körpererfahrung, in der alle in des Tages trüber Last angestauten Gefühle meist drogenunterstützt weggetanzt werden.
Marc Heal, als wollte er diese These beweisen, mutierte vom „erfolgreichen Werbemanager“ zum Dancefloor-Artisten, nachdem er seinen Frust jahrelang auf den Tanzböden Londons bekämpft hatte. Zusammen mit dem Gitarristen Phil Barry bildete er Cubanate, die in ihrer kleinen bösen persönlichen Wut sämtliche Exzesse des ach so harten Berliner Tekkno mal kurz in der Pfeife rauchen, wenn sie ihre Computer programmieren. Vertraut man dem, was man hören kann, muß das Leben den beiden ausführlich und gemein mitgespielt haben. Diese Essenz aus Industrial, Tekkno und fiesen Metal-Gitarren geht an die Leber, zwirbelt am Rückgrat und dellt Trommelfelle. In dieser Welt, in der „beats per minute“ alles bedeuten, führen sie eine Stoik ein, die auch ohne das beständige Blubbern der Sequenzer funktionieren würde, aber trotzdem nicht auf sie verzichten möchte.
In seinen Texten markiert Heal zwar meistens den Harten, der die anderen zahlen läßt, von dem aus die Welt ruhig verbluten und verbrennen kann. Dicht dahinter lauert aber natürlich der Moralist, der nur durch die bösewichtigen Umstände zum Zyniker wurde. Ja, eigentlich sogar ein trauriges, verlorenes Wesen, das im „Hatesong“ an die Hand genommen werden möchte: „Sometimes when the night falls / I need the noise / I wanna burn it down / Sometimes I wanna start again.“ Thomas Winkler
Am 18.4. um 21 Uhr im Knaack, Greifswalder Str. 224, Prenzlauer Berg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen