Sanssouci: Vorschlag
■ Wohltuende Wiedererkennung: Schwul-lesbische Literaturwoche im Café Krähenfuß
Kaum ist die Lesbenwoche vorüber, kündigt sich auch schon die nächste Veranstaltungsreihe für das kulturbeflissene homosexuelle Publikum an. Sechs Lesungen und ein für jeden Lesewilligen offener „Literatur-Brunch“ stehen auf dem Programm der schwul-lesbischen Literaturwoche, die heute abend beginnt und von „mutvilla“, der schwul-lesbischen Interessenvertretung an der Humboldt-Universität, organisiert wird. „Ursprünglich“, sagt mutvilla-Mitglied Andreas Müller-Heydenreich, „wollten wir Leute präsentieren, die weniger bekannt sind. Das wollte aber nicht so recht anlaufen.“ Deswegen lesen SchriftstellerInnen, die sich bereits einen Namen gemacht haben: Mario Wirz etwa, der unlängst mit Rosa von Praunheim die Briefsammlung „Folge dem Fieber und tanze“ vorstellte, oder Detlev Meyer, dessen Trilogie „Biographie der Bestürzung“ inzwischen bei Fischer verlegt und von der FAZ gelobt wurde.
Da für mutvilla die Annäherung von Lesben und Schwulen im Mittelpunkt steht, wollte man zunächst an jedem Abend eine Frau und einen Mann vortragen lassen. „Wir haben aber leider nicht genug Frauen bekommen“, sagt Müller-Heydenreich, und so stellt sich das angestrebte Gleichgewicht nicht ganz ein. Ein anderes Gleichgewicht hat sich eher zufällig ergeben: SchriftstellerInnen aus Ost und West kommen gleichermaßen zu Wort. Eike Stedefeld und Anne Köpfer haben vor einem Jahr „Zuviel DDR, zuwenig homosexuell“ veröffentlicht, wo es um den Alltag von Schwulen und Lesben in der DDR ging. Jetzt lesen sie aus ihrem Manuskript „Der Frust im Osten“, das Reibereien und Konflikte zwischen Ost- und Westszene verhandelt.
In anderen Texten ist immer wieder von Aids die Rede, von der Liebe mit ihren vielfältigen Verwicklungen und nicht zuletzt vom Sex. Die Texte von Cornelia Saxe („Amsterdamer Clit Clip“) und Karen-Susan Fessel („Heuchelmund“) liefern Erotisches aus lesbischer Perspektive. Lokalkolorit wird von fast allen AutorInnen verschwenderisch eingesetzt, so daß Berlin zur heimlichen Protagonistin der Lesereihe gerät und wohltuende Wiedererkennungseffekte garantiert sind. Cristina Nord
Heute: Micha Schmidt & Detlev Meyer, morgen: Comtesse de Luxe & Karen-Susan Fessel, jeweils um 19.30 Uhr, Café Krähenfuß im Hauptgebäude der HUB, Unter den Linden 6, Mitte (weitere Termine im Programmteil).
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