Sanssouci: Vorschlag
■ Wegdriften: Nightmares On Wax und Red Snapper im Knaack
Was früher simpel unter Crossover lief, nennt man heutzutage am besten TripHip. Einen Sound, der mit Stilelementen von Dub bis House, von HipHop bis Rock zu einer grandios klingenden Popmischung gerührt wird. Portishead und Tricky haben es live vorgemacht, wie man im Studio ausgeklügelte Dance-Music in konventionellen Rock-Line-Up performt. Und eine Dame namens Ruby aus der Grunge-Town Seattle hat mit ihrem gerade erschienenen Debütalbum die ultimative Quersumme aus Dance, TripHop, Rock und Indiemusik gezogen. Fruchtbar im Sinne breiterer Akzeptanz und kommerziellerer Verwertung ist da auch der Boden für die englischen Nightmares On Wax. Vor Jahren schon irritierten sie ihr Publikum mit einer Mischung aus House- und HipHop-Sounds und präsentierten die dann doch eher housigen Stücke live mit Plattenspielern und Mikro.
Nach einer Zeit der Einkehr ist der Nightmares-On-Wax-Mastermind George Evelyn erneut mit einem Album an der Pop- Oberfläche aufgetaucht, das den eindeutigen Labelisierungen noch mehr den Boden entzieht: House- oder HipHop-Musik, wie man sie kennt, ist das nur am Rande. Zu locker werden da die Dub- und Jazz-Partikel in den Soundtopf geworfen, und manche Tracks würden auf jeder Easy-Listening-Party die Tanzfläche füllen helfen. Im Ganzen eignet sich „Smokers Delight“ aber doch eher zum leisen Wegdriften und Abtauchen, wobei katalysierende Genußmittel nicht vonnöten sind. Im Selbstversuch gelang nach einem angefüllten Arbeitstag durch alleiniges Anhören von „Smokers Delight“ ein Dämmern in seligste Stimmungen – „HipHop ohne Worte“ erklärt die Plattenfirma.
Und wo der präzisen Definition die Buchstaben fehlen, schleicht der allseits grassierende Begriff TripHop auch um Nightmares On Wax herum, was jedoch – leider zwecklos – aufs heftigste abgewehrt werden soll. In den Linernotes zu „Smokers Delight“ erklärt George Evelyn überflüssigerweise seine Roots und warnt vor den bösen Medien-Hypes: „Ten years on the media try to fool young b-boys and girls with trendy names such as triphop, but in the end of the day hiphop is hiphop.“ Hart ist das Leben, und auch der Haupt(?)-Akt am heutigen Abend, Red Snapper, macht es einem nicht leicht: Deren Sound mit „stompender Schlapp-Dub-Rock“ zu übersetzen ist ohne Gewähr höchstens eine Anleitung zum Glücklichsein. Zumindest kommen sie ebenfalls ohne Worte aus. Gerrit Bartels
Morgen, 21 Uhr, Knaack-Club, Greifswalder Straße 226, Prenzlauer Berg
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen