Sanssouci: Nachschlag
■ Rockmusik für Kinder: Atze im Theater am Halleschen Ufer
Ein Trommler tastet sich hämmernd am Stahlgeländer der Zuschauertribüne entlang, erreicht das Podium, schlägt einen Wirbel auf dem Fußboden – und entdeckt das Schlagzeug. Ein neuer Klang! Der Trommler zieht ein verblüfftes Clownsgesicht. Während sich die Kinder im Publikum noch totlachen, begrüßt sie Bandleader Thomas Sutter schon mit professionellem Ernst als „hochverehrtes Publikum“ und fragt sachlich: „Wer von euch war schon mal verliebt?“ Die Arme fliegen hoch. „Schön“ sei es, verliebt zu sein, erklären die Grundschüler einstimmig, und Atze singt ihnen dafür ein Lied vom ersten Liebesbrief. Die Gruppe Atze macht seit zehn Jahren Rockmusik für Kinder. Zum satten Klang von zwei Elektrogitarren, Keyboard, Baß und Schlagzeug singen die fünf Musiker Lieder über die Angst im Dunkeln, über die doofen Erwachsenen und über den Bürgermeister, der einen Frosch verschluckt hat. Kinder merken es sofort, wenn die Erwachsenen sie nicht richtig ernst nehmen. Atze aber hat Respekt vor seinen Zuschauern, und darum bleiben die Kinder bei der Stange, auch wenn es mal ein bißchen komplizierter wird.
Im neuen Programm „Menschenskinder“ etwa muß man genau hinhören, wenn plötzlich ein glatter Politiker sein mit Berlin- Fähnchen geschmücktes Rednerpult besteigt: „Liebe Bautofahrer, lange haben wir Lobbytiker hieberfaft für die Stautobahn von Ste nach Glitz gekämpft.“ „Autobahn heißt das!“ ruft ein Junge strafend dazwischen. Aber schon schlendert ein Ekelpaket in Trainingshose und mit Goldkettchen auf die Bühne, grinst gemein und singt ein Hohelied aufs Gaspedal, bis den Kindern ein Licht aufgeht. Auch die parodistischen „Werbeunterbrechungen“ verstehen nicht alle auf Anhieb. „Das spielen wir im Hort nochmal nach“, beschließt eine Erzieherin. Aber das lustige Anti-Werbelied „Alles Lüge, alles Quatsch“ läßt dann doch keine Fragen offen. Die Kinder brüllen ohrenbetäubend nach Zugaben. In der zweiten Winterferienwoche spielt Atze „Maxi, die Zauberin“ – ein Stück gegen die Langeweile. Miriam Hoffmeyer
„Menschenskinder“ bis 9. 2., 10.30 Uhr, „Maxi, die Zauberin“ 12.–16. 2., 10.30 Uhr, Theater am Halleschen Ufer, Vorbestellungen bei Atze unter Telefon: 614 52 44
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