Sanssouci: Nachschlag
■ Nach Feuerland ins Frauenland – Diavortrag in der Begine
Die Frage „Wie gründe ich eine Kommune?“ zählt wahrlich nicht mehr zu den aktuellsten. Dennoch war das Frauenkulturzentrum Begine in der Potsdamer Straße am Donnerstag gesteckt voll, als es hieß: „Gelebte Utopie – woanders – und bei uns? Frauen/Lesbenländer in den USA, Neuseeland und Australien“. 20 Monate lang haben Kaie Haas und Elke Dolberg die verschiedensten „Frauenländer“ besucht. Ein Diavortrag.
Was sind „Frauenländer“? Frauen-, meist Lesbenkommunen auf dem Land – also keine historisch gewachsenen Orte, an denen frauenbestimmte Gesellschaften die Zeiten unbeschadet überstanden hätten. Um Suche und Visionen gehe es bei den Frauenländern, erklärte Kaie Haas. Eine Utopie werde real und lebendig, wenn Frauen ein Stück Land mit dem Vorsatz kauften, daß dieses auch in Zukunft in den Händen von Frauen bleiben soll. Die meisten der vorgestellten Kommunen wurden zur Boomzeit der alternativen Lebensform Anfang der Siebziger gegründet. In der Regel leben fünf bis acht Frauen gemeinsam in einer landschaftlichen Idylle. Ob 1 oder 200 Hektar – die Selbstversorgung stellt ein kaum lösbares Problem dar. Meist arbeiten die Frauen in den nächstgelegenen Städten: das Frauenland eben doch eher als Wohn- statt Lebensgemeinschaft.
Die Orte, die Kaie Haas und Elke Dollberg besucht haben, heißen „Womenshare“, „Rainbow's End“ oder „Seneca Women's Peace Camp“. Gemeinsam ist den Bewohnerinnen nicht nur der Wunsch, in einer männerfreien Gemeinschaft zu leben. Esoterische Gedanken und das Ziel, sich einen Rückzugsort oder Heilungsort gegen Zivilisationskrankheiten zu schaffen, spielen eine wichtige Rolle. Entscheidend für die Gründung einer Frauenkommune ist letztlich aber natürlich die gegenseitige Sympathie der Bewohnerinnen. Das erklärt auch, warum die Kommunen nicht mehr als zehn Mitgliederinnen haben.
Über ein Frauenlandprojekt wird inzwischen auch in Deutschland nachgedacht. Zwei der sechs Frauen, die sich damit beschäftigen, waren vorgestern ebenfalls in der Begine. Eine Landgemeinschaft aus dem Boden zu stampfen, von der alle Beteiligten auch leben können, stellt hier jedoch erstaunlicherweise nicht das eigentliche Problem dar. Vielmehr die Tatsache, daß ein definitiv identitätstiftender Gedanke für eine solche Kommune eben (noch) nicht vorhanden ist. Nora Sobich
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