Sanssouci: Nachschlag
■ Das carrousel Theater zeigt "Kinderjahre" von Roel Adam
Wolfgang Müller-Dhein, Heike Flasche und Gernot Frischling Foto: Cristina Damsceno
Zwei graugesichtige Menschen schlurfen über die Bühne. Vor vielen Jahren waren sie mal Freunde. Damals war Krieg, und das Mädchen und der Junge schlugen sich mit kleinen Diebstählen durch und träumten davon, die verschleppten Eltern wiederzufinden. Als der Frieden kam, meint die Frau, sei das Leben dann richtig langweilig geworden. Der niederländische Autor Roel Adam zeigt den Krieg in seinem Jugendstück „Kinderjahre“ als Survival-Urlaub: Die Kriegskinder toben quicklebendig herum, während sich die Erwachsenen müde und schlaff durch die Friedensjahre schleppen. Nur allmählich begreifen sie, daß der Krieg sie auch beschädigt hat: zwei seelisch abgestorbene Alte (Karin Reif, Wolfgang Müller-Dhein), für deren papierne Dialoge sich ernstlich niemand interessieren kann. Auch der Regisseur Klaus- Peter Fischer offenbar nicht: Die Schauspieler stehen meist nur deprimiert in irgendeiner Ecke herum.
Strahlender Mittelpunkt der Inszenierung sind die Kinder (Heike Flasche, Yüksel Yolcu). Ihre Energie und Frische hauchen der hörbar knarrenden Konstruktion des Stückes ein wenig Leben ein. Wenn ihnen ein Mann im Tausch für ein Messer Steine statt Lebensmittel andreht, wird es einen Moment lang sehr spannend. Doch schon gibt der Betrüger die Waffe zurück und entpuppt sich als wohlgesinnter Lehrer: Der Krieg sei eine harte Schule, und in Zukunft sollten die Kinder besser aufpassen. Später terrorisieren die Kleinen ihrerseits einen Älteren, haben dann aber doch Mitleid und wollen ihm ihr Messer schenken.
So niedlich wie diese Episoden ist auch das Bühnenbild von Katharina Lewonig: ein leicht verfremdeter Abenteuerspielplatz mit Kletterseil und schienenartigen Holzplanken. Ein stummer Tänzer mit Clownsgesicht stupst die Personen an, wenn sie „dran“ sind, und biegt ihnen die Glieder zu den richtigen Posen zurecht – ein Effekt, der sich rasch verbraucht. Auch die farben- und nuancenreiche Musik von Hannes Zerbe kann die „Kinderjahre“ nicht retten. Im April präsentiert das carrousel dann die nächste Premiere zum Thema Krieg: „robinson & crusoe“, ein Stück über zwei feindliche Soldaten. Miriam Hoffmeyer
Wieder am 26./28. 3., 10 Uhr, am 28. 3. auch 18 Uhr, carrousel Theater in der Schiller-Werkstatt, Bismarckstraße 110
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