Sanssouci: Vorschlag
■ Jeder Muskel singt mit: Right Said Fred in der Universal Hall
Gute Popmusik ist eben doch zeitlos. Meistens verschwindet sie zwar in Kisten, Lexika und Vergessenheit, so mancher Pop- Song aber krallt sich im kolletiven Bewußtsein fest und hat dann die Chance, im Fußballstadion, beim Karneval oder jeder x-beliebigen Eckkneipe seinen Dauereinsatz zu finden: Auf daß sich weiß Gott alle Generationen ohne Scham darauf einigen können. Mit „I'm Too Sexy“ und „Don't Talk Just Kiss“ haben sich Right Said Fred vor vier Jahren diesen Platz im Pop-Universum erworben. Zwei nicht mehr ganz junge, überaus muskulöse Glatzköpfe und ein alles andere als taufrisch aussehender Gitarrist machten sich mit diesen Liedchen über sich, die Liebe, Sex in jedweder Konstellation und auch über die ganze Welt lustig. Ohne irgendwelche Peinlichkeiten und Albernheiten auszulassen, schwenkten sie ihre Ärsche, protzten mit ihren Bodies und ließen die fein ausgeklügelte Pop-Subversivität im Fitneßstudio.
Wenn Right Said Fred nun strategisch vorgegangen wären, hätten sie sich mit den Milliarden für die Hit-Singles zur Ruhe gesetzt, hätten einen Scheiß auf so was wie Kreativität oder Kontinuität gegeben. Ein typischer Novelty-Scherz, Born To Be Alive mit gleich zwei Hits für die Ewigkeit, das wär's doch gewesen!
Statt dessen demontieren Right Said Fred sich fortlaufend selbst, machen aus dem Scherz einen Dauerläufer und leben öffentlich ein „life of love“. Und, sehr dreist, spielen sogar Alben ein, geben Live-Shows und treten im Fernsehen auf. Was bei ihnen jedoch nur logisch erscheint, denn, wie gesagt: Strategien gehören für Right Said Fred höchstens in den Mülleimer. Die meinen's ernst mit ihrer Verarsche, denen macht das wirklich Spaß, die haben Blut geleckt und als Parodie ihrer selbst können sie sowieso nie auftreten, das sind sie ja schon. Da ist alles recht und vor allem billig, insbesondere die Musik – Disco aus der Konserve, angereichert mit Schmockzutaten wie einer Orgel nebst supersauber und doch superschlecht klingender Gitarre. Und so folgten auf ihr Debüt mit „Sex And Travel“ und „Smashing“ weitere Longplayer. Beides übrigens Alben, die sich beispielsweise wenig von der neusten Schmuse-House-Produktion von The Beloved unterscheiden, wo es auch meist heißt: „For Your Love“, „Feel Love“ etc. Einen Vorgeschmack auf die Tour von Right Said Fred gab's am Donnerstag schon bei Harald Schmidt, und da sang einer der Freds: „Hihaho, I'm a popstar.“ Gerrit Bartels
Am Sonntag, 12.5., ab 20 Uhr in der Universal Hall, Gotzkowkystraße 22 in Moabit
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