Salzgitter-Report

■ Maulkorberlaß der niedersächsischen Landesregierung

Hannover (dpa/taz) — Das Justizministerium der rot-grünen niedersächsischen Regierung hat die Herausgabe eines Buches über die Zentrale Erfassungsstelle Salzgitter verboten. Der Autor und Leiter der Erfassungsstelle, Oberstaatsanwalt Heiner Sauer, habe, so argumentiert das Ministerium, als Beamter „grundsätzlich keinen Anspruch“ auf eine Genehmigung für die Veröffentlichung seines dienstlichen Wissens. Das Buch über Geschichte und Arbeitsweise der 1961 gegründeten Stelle zur Erfassung von Gewalttaten in der DDR sollte im Dezember erscheinen.

Das Ministerium ist zudem der Ansicht, daß auch ohne Einsicht in das 200 Seiten starke Manuskript schon allein „zwingende dienstliche Gründe“ eine Veröffentlichung des „Salzgitter-Reports“ nicht rechtfertigten. Die Akten der Erfassungsstelle würden den Staatsanwaltschaften in den neuen Bundesländern zur Einleitung von Strafverfahren übergeben.

Autor Sauer bezeichnete die Ansicht des Ministeriums „als rechtlich nicht haltbar“ und legte Widerspruch ein. Als er seinen Genehmigungsantrag im April beim damals noch von Walter Remmers (CDU) geführten Justizministerium eingereicht habe, sei nie von schweren Bedenken gegen das Buch die Rede gewesen.

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Der Kampf der SPD gegen die Erfassungsstelle in Salzgitter gehörte zu den brüchig gewordenen Säulen der letzten Phase ihrer auf das Arrangement mit den bestehenden Mächten gerichteten Ostpolitik. Insofern ist der Versuch der rot-grünen Landesregierung, ein Buch einfach zu verbieten, nichts anderes als die späte Fortsetzung einer Politik, die sich rückblickend als falsch erwiesen hat. Nebenbei: Die Staatsanwälte der Zentralstelle für NS-Verbrechen in Ludwigsburg veröffentlichten serienweise Bücher über ihre Arbeit; sie sind wichtig und hatten stets den Segen des baden-württembergischen Justizministers. G.A.