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Saisonfinale im VolleyballSymbolisch beschädigter Kannibale

Erstmals nach acht Jahren findet das deutsche Meisterschaftsfinale ohne den VfB Friedrichshafen statt. Der Seriensieger versucht den Schaden kleinzureden.

Trotz Drei-Mann-Block verloren: VfB Friedrichshafen unterlag den BR Volleys aus der Hauptstadt. Bild: dpa

Mehr als 7.000 Zuschauer in der Max-Schmeling-Halle tobten, die Spieler der gastgebenden BR Volleys lagen sich in den Armen, während Marcus Böhme Schwierigkeiten hatte, das Erlebte einzuordnen: „Ich kann noch gar nicht realisieren, dass wir jetzt wirklich raus sind“, sagte der baumlange Mittelblocker. Nicht nur für ihn war es anspruchsvoll, die Geschehnisse in der Hauptstadt zu begreifen.

Ein Meisterschaftsfinale im deutschen Männervolleyball ohne den VfB Friedrichshafen, das ist in etwa so wahrscheinlich wie rheinischer Karneval ohne kölsche Lieder oder das Münchener Oktoberfest ohne Bier aus Maßkrügen. Und doch ist es tatsächlich so gekommen, und mit diesem Gedanken mussten sich alle Beteiligten erst einmal anfreunden. Erstmals seit acht Jahren darf der VfB in der Endspielserie nicht mitschmettern, erstmals seit acht Jahren wird der Deutsche Meister nicht vom Bodensee kommen.

Für die Szene der Volleyballer bedeutet das nicht weniger als eine Sensation. „Die Meisterschaft ist zu Ende – so früh wie selten“, sagte Trainer Stelian Moculescu: „Die Mannschaft war leider ziemlich leer.“ Äußerlich wirkte Friedrichshafens Macher gelassen: „Wir sind in der Champions League Fünfter geworden und haben den Pokal gewonnen. Unser Ziel war ein Titel. Das haben wir geschafft.“

Wie es in ihm drin aussah, war nur zu erahnen, auch mit 61 Jahren und Duzenden Titeln brennt der gebürtige Rumäne noch immer vor Ehrgeiz. Wer begreifen will, was am Sonntagnachmittag im Berlin geschehen ist, muss sich zunächst einmal mit Zahlen beschäftigen: Seit der Ausnahmetrainer Moculescu in Friedrichshafen vor 14 Jahren die sportlichen Geschicke übernahm, konnte der Klub 23 von 28 möglichen nationalen Titeln gewinnen.

Primus muss zuschauen

Gefräßig wie ein Kannibale und immer dann besonders gut, wenn es darauf ankommt, so nahm die konsternierte Konkurrenz den Dominator aus Baden-Württemberg wahr. Das hat sich – zumindest für den Augenblick – geändert. Das Aufatmen ist in der Szene hörbar zu vernehmen.

Sogar der neue Bundestrainer Vital Heynen, der ja eigentlich der Neutralität verpflichtet ist, machte aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Ich sollte das vielleicht nicht sagen, aber es ist gut, dass Friedrichshafen Konkurrenz bekommt, sagte der Belgier. Und weiter: „Für die Berliner ist der Finaleinzug eine Bestätigung für die hervorragende Arbeit, die dort geleistet wird.

Der Primus wird also zuschauen müssen, wenn die Herausforderer aus Haching und Berlin in den kommenden Wochen den Nachfolger ausspielen. Der Schmerz darüber hielt sich am Tag nach dem Ausscheiden in Grenzen. „Du kannst nicht erfreut sich, wenn im Halbfinale Schluss ist“, sagte Jürgen Hauke, Geschäftsführer der Volleyball GmbH des VfB Friedrichshafen, nachdem er wieder in der Heimat gelandet war, „aber wenn du in zehn Tagen dreimal gegen einen Konkurrenten verlierst, ist das zu akzeptieren“.

Emtscheidend ist die Champions League

In Friedrichshafen werden sie damit leben können, Titel Nummer 24 nicht auf ihrem Briefkopf verewigen zu können. Wesentlich schwerer würde es indes wiegen, wenn der Vorzeigeklub nicht in der Champions League teilnehmen könnte. Das ist der Wettbewerb, der bei diesem Klub wirklich zählt, für den sie 4.000 Zuschauer fassende Arena gebaut haben und auf den die großen Sponsoren schauen.

Stand heute ist der VfB außen vor, doch es gibt noch eine Hintertür. Vier Wildcards werden vom europäischen Volleyball-Verband CEV verteilt, beim VfB vertrauen sie darauf, zu den Begünstigten zu gehören. „Schließlich“, so Hauke, „ist unser Standing bei der CEV hervorragend.“

Seitdem in Europa vor elf Jahren die Königsklasse gegründet wurde, waren nur die Friedrichshafener jedes Mal dabei. Auch deshalb gehen sie am Bodensee davon aus, dass dies so bleiben wird. Der Schaden durch den Verlust der Meisterschaft wäre also eher ein symbolischer als ein materieller.

Überhaupt werten sie beim VfB Friedrichshafen die ungewohnte Niederlagenserie gegen einen Bundesliga-Konkurrenten als Betriebsunfall. Der Status als Nummer eins bleibe davon bis auf Weiteres unangetastet, glaubt Geschäftsführer Hauke: „Aufgrund unserer Historie wird man uns weiter als Branchenführer wahrnehmen. Ich denke, wir bleiben die Gejagten.

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