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Sächsischer DemokratiepreisAnnahme verweigert

Der Sächsische Demokratiepreis ist mit 10.000 Euro dotiert. In diesem Jahr sollten die Preisträger vor der Verleihung eine "Anti-Extremismus-Erklärung" abgeben.

Da kann man ja lange warten: In diesem Jahr gab es in der Dresdner Frauenkirche keine Demokratiepreisverleihung. Bild: dpa

Betroffene und wütende Gesichter gabe es am Dienstagabend in der Dresdner Frauenkirche. Der Grund: Das Alternative Kultur- und Bildungszentrum Pirna AkuBiZ hatte kurzfristig die Annahme des mit 10.000 Euro dotierten Sächsischen Demokratiepreises verweigert. Die Preisverleihung fiel nur deshalb nicht aus, weil der sächsische Ministerpräsident traditionell noch einen Sonderpreis vergibt. Der Dresdner Verein "Bürger Courage" nahm ihn entgegen.

Das AkuBiZ protestierte mit seiner Absage dagegen, dass das sächsische Innenministerium von der Initiative verlangt hatte, eine Anti-Extremismus-Erklärung abzugeben. Nach dem Willen von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) sollen das ab 2011 alle Initiativen tun, die mit staatlichen Mitteln für ihr Engagement für Demokratie und Menschenrechte gefördert werden.

Bereits im Vorfeld hatte die Staatsregierung von CDU und FDP in Sachsen erfolglos versucht, Einfluss auf die Nominierung der zehn Endrundenteilnehmer zu nehmen. "Der Staatsregierung wurde von der Jury ein gewisses Maß an Toleranz abverlangt", sagte am Dienstagabend Regierungssprecher Johann-Adolf Cohausz. Sein Unmut rührte offensichtlich daher, dass einige eher links orientierte Initiativen für den Preis in Frage kamen, darunter das AkuBiZ.

Die umstrittene Erklärung verlangt ein Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung, das die Demokratie-Initiativen gleichfalls von allen ihren Partnern einholen sollen. Diese sollen unterschreiben, "dass keinesfalls der Anschein erweckt werden darf, dass eine Unterstützung extremistischer Strukturen durch die Gewährung materieller oder immaterieller Leistungen Vorschub geleistet" werde.

Das AkuBiZ und das gleichfalls nominierte Leipziger Antidiskriminierungsbüro wehren sich dagegen, dass ihre Bemühungen um Demokratie und Menschenrechte und gegen rechts unter einen Extremismus-Generalverdacht geraten. "Die Aufforderung an eine nichtstaatliche Initiative, ihre PartnerInnen auszuspähen, erinnert eher an Methoden der Stasi und nicht an ein demokratisches System", heißt es in einer Erklärung.

Die eigentlich für die Laudatio vorgesehene zweimalige Bundespräsidentschaftskandidatin Gesine Schwan (SPD) argumentierte in der Frauenkirche ähnlich. An die Staatsregierung gerichtet, stellte sie die Extremismustheorie in Frage, als sie auf die weite Verbreitung rassistischer und nationalistischer Anschauungen in der Mitte der Gesellschaft verwies. Die Gesinnungsprüfung befördere "eine Kultur des Misstrauens, die im Gegensatz zur Demokratie steht". So werde Demokratie abgewürgt. "Ich wäre froh, wenn die Staatsregierung mehr Vertrauen in die Demokratie hätte!"

Linke und SPD im Landtag wandten sich gleichfalls gegen die Extremismusklausel. "Formulieren Sie belegbare Anschuldigungen oder schweigen Sie ganz!", forderte der Grüne Miro Jennerjahn den Verfassungsschutz auf. Anetta Kahane von der Amadeu Antonio Stiftung, eine der vier Preisstifter, zeigte sich in beiden Richtungen zornig. Sowohl die verlangte Erklärung als auch das Verhalten des AkuBiZ fand sie "unmöglich". Auch Christian Demuth von "Bürger Courage" zeigte sich verärgert, dass die Preisverleihung zum Kampfplatz der Extremismusdiskussion wird. "Das ist das Ende des Demokratiepreises."

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14 Kommentare

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  • W
    Wahrheitssager

    Die Frau ist selbe keine Demokratin. Sie soll erst mal selbe unterschreiben, dass sie keine Neanazi ist. Arme Deutschland hätte keine andere für das Amt gefunden. Die Frau ist rassistisch und zu oberflächlich.

  • GL
    Gegen Linksextreme

    An "@ Gegen Linksextreme":

     

    Da mögen Sie insofern recht haben, als dass es einer Demokratie nicht würdig ist, dass solche Preise an Rotfaschisten und autonome Chaoten übergeben wird.

  • GG
    @ Gegen Linksextreme

    Falls Sie es noch nicht mitbekommen haben:

    Wir HABEN die längste Zeit in einer Demokratie gelebt!

  • GL
    Gegen Linksextreme

    Wieso bekommt so eine Truppe über einen Demokratiepreis?

     

    Wenn es denen ginge, hätte wir die längste Zeit in einer Demokratie gelebt.

  • R
    RTheurer

    Extremismus und Demokratie sind das die gleichen Dinge oder nicht doch zwei Paar Stifel?

     

    Wer mit Extremisten zusammenarbeitet kann wohl kein ehrlicher Demokrat sein.

     

    Es lässt tief blicken wenn man sich drüber aufregt, daß die Zusammenarbeit mit UnDemokraten untersagt sein soll.

     

    Sagt doch ehrlich, daß Euch die Demokratie nicht im Geringsten interessiert, Ihr wollt die Diktatur des Proletariats und sonst nichts!

    Seid einmal im Leben ehrlich!

  • FN
    Floda Nashir

    Hut ab!

     

    Aber mal ehrlich: Kann man diesen Wisch nicht eigentlich doch einfach unterschreiben? Mehr als eine Willensbekundung ist es doch nicht; oder werde ich als Verein dann daran festgenagelt und juristisch zur Verantwortung gezogen, wenn ein anderer, mit dem ich irgendwann mal zusammen eine Unterschriften-Aktion gemacht habe, mit einer wiederum ganz anderen Aktion am Grundgesetz wackelt? Kann ja eigentlich nicht sein, oder? -- Aber ich kriege die Mittel gekürzt. Darum geht es wahrscheinlich nur. Dann also ganz klar: von vornherein nicht unterschreiben und aufs Geld verzichten und nebenbei möglichst effektiv eine Diskussion über Extremismus vom Zaun brechen. (Das einzige Problem ist doch, dass die der Erklärung zugrundeliegende Definition des Extremismus völlig neben der Spur liegt. Und dass man für alle Partner mit haftet, ist natürlich wirklich Stasi-Scheiße.)

  • SB
    Stark betroffen

    Die Hintergründe der Disseration von Frau Schröder sind ja nun hinlänglich öffentlich geworden. An Ihrer Stelle würde ich mich schämen, den Doktor-Titel zu führen.

  • W
    Waage

    Wer die Musik bezahlt (10 000 Euro), bestimmt auch was gespielt wird. Ist zwar doof aber durchaus nachvollziehbar.

  • BH
    beissender Hund

    Wie siehts mit Mitte- Extremismus a la Sarrazin-C.Schröder-Schäuble aus ?

    Die Extremismustheorie wird wissenschaflich in Frage gestellt , nur PolitikerInnen und Medien greifen darauf zurück, daher nochmals in diesem Kontext die Frage: Wie siehts mit dem Mitte Extremismus aus ?

  • V
    veritas

    Getroffene Hunde bellen, demnach nicht beirren lassen Frau Schröder!

  • P
    Peter

    Wer ein Problem damit hat, sich von politischen Extremismus zu distanzieren, der sollte konsequenter Weise auch keine Staatsknete annehmen.

  • WS
    WILLI SCHMITZ

    wo ist das problem der demokraten?

  • S
    sam

    Wenn es keine Demokratie gibt, dann brauchts auch keinen Preis.

     

    Scheinheiligkeit der Politiker: Gewalt gegen die Bürger, aber die müssen wiederum "brav" sein.

     

    Merke:

    "Gute Menschen kommen in den Himmel. Die anderen - überall hin"!

     

    In DE gibt es keine äussere und daher auch keine innere Freiheit. Oder umgekehrt, natürlich. Aufwachen.

  • S
    stauffenberg

    Orden und Preise sind die Bestechungsgelder des Staates an seine Untertanen. Die CDU_Ministerin hat diese Tatsache wieder eindrücklich in Erinnerung gerufen. Hut ab vor den Annahmeverweigerern. Mit dieser Aktion hätten sie einen Demokratiepreis, der seinen Namen wert ist, wahrhaft verdient.