Sachsen-CDUler über NPD: "Das ist - ganz offen - eine Sauerei"
Sachsens CDU-Generalsekretär Kretschmer verurteilt, dass NPDler im Kreistag Nordsachsen Stimmen anderer Abgeordneter bekamen. Die CDU wird auf keiner Ebene NPD-Anträgen zustimmen, versichert er.
taz: Herr Kretschmer, welche Konsequenzen ergeben sich für die Arbeit der CDU in Sachsen aus dem Einzug von NPD-Politikern in die Kreistage?
Michael Kretschmer: Die sächsische Union hat sich in den vergangenen Jahren intensiv mit den Rechtsextremisten auseinandergesetzt - nicht erst seit dem Einzug der NPD in das Parlament. In der Tat muss sich die Politik insgesamt, das heißt also nicht nur der Kommunalpolitiker, in ihrer Arbeit besonders auf die Rechtextremisten einstellen.
Das heißt?
Bei der NPD handelt sich nicht um einen politischen Konkurrenten. Nein, es sind Feinde unserer Demokratie. Im Landtag haben wir ihr die Maske der Biedermänner abgerissen und aufgezeigt, welche dumpfe und menschenverachtende Ideologie die NPD vertritt. Die vielen Gerichtsverfahren gegen NPD-Funktionäre machen zudem deutlich, dass der Rechtsstaat funktioniert. Die NPD hat in der Bevölkerung massiv an Zustimmung verloren. Das muss überall vor Ort gelingen. Jeder Demokrat muss daher an dem Ziel arbeiten, die Extremisten aus unseren Parlamenten zu vertreiben.
Die taz hat mit Berichten über den CDU-Politikers Roland Märtz eine Debatte über den Umgang mit der NPD angestoßen. Der Vizefraktionschef im Kreistag Nordsachsen hat auch in der Torgauer Zeitung über Anträge der NPD gesagt: "Kommen Vorschläge, die gut für unseren Kreis sind, dann gibt es keinen Grund, sie abzulehnen." Wie werten Sie diese Aussage?
Es hat und es wird keine Zustimmung der Union zu Anträgen einer rechtsextremistischen Partei geben. Das haben wir immer deutlich gesagt, und das ist auch bei der aktuellen Debatte unsere einzige Antwort. Zweitens sage ich aber: Die inhaltlichen Vorlagen einfach unkommentiert niederzustimmen geht auch nicht. Ich erwarte von allen demokratischen Parteien eine intensive, inhaltliche Auseinandersetzung. Nur so können wir den Leuten zeigen, wo Naziideologie drin ist. Und nur so können wir bei Sachthemen klarmachen, dass wir die besseren Lösungen haben - und dass es die NPD mit ihren rechtsfeindlichen Anschauungen nicht braucht. Das hat auch Herr Märtz erklärt. Sollte es Unklarheiten gegeben haben, so sind diese jetzt ausgeräumt.
Sollen CDU-Kreistagsmitglieder also NPD-Anträge unter allen Umständen ablehnen?
Ja.
Wie sollen sich Ihre Parteifreunde auf Kreis- und Gemeindeebene verhalten?
So, wie es sich für anständige Demokraten gehört: Wir treten rechten Parolen entgegen, ohne Wenn und Aber. Extremisten brauchen Grenzen. Und die können wir als Politiker nicht nur im Parlament aufzeigen; jeder kann und muss sie in seinem privaten Bereich deutlich machen.
Wie hilft der CDU-Landesverband Kommunalpolitikern beim Umgang mit der NPD?
Mit Seminaren und Handreichungen. Wir sprechen sehr viel über das Thema und laden zu Veranstaltungen ein, die wir gemeinsam mit Partnern aus dem öffentlichen Bereich organisieren. Das sorgt für einen Erfahrungsaustausch besonders unter den kommunalen Verantwortungsträgern. Auch die aktuelle Entwicklung in Nordsachsen werden wir in diesen Diskussionsprozess einfließen lassen.
Wie bewerten Sie die Tatsache, dass die NPD im Kreistag von Nordsachsen bei Ausschusswahlen Stimmen anderer Abgeordneter erhielt?
Das ist - ganz offen - eine Sauerei und macht mir große Sorge.
Sind Sie sicher, dass die Stimmen nicht aus den Reihen der CDU kamen?
Es war eine geheime Wahl. Mutmaßungen nutzen hier nichts. Weder darüber, ob es die PDS war, um Stimmung zu machen, noch darüber, ob es Vertreter anderer Parteien waren.
INTERVIEW: ANDREAS SPEIT
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