SVENJA BERGT ÜBER VERTEUERTES SCHWARZFAHREN : Vollkommen verpeilt
Einmal in der Feuerwehrzufahrt geparkt: 35 Euro für die Staatskasse. Einmal ohne Fahrkarte in der S-Bahn: künftig 60 Euro in die Kasse des Nahverkehrsanbieters. So hat es der Bundesrat am Freitag beschlossen. Zwei Verordnungen müssen noch geändert werden, dann wird das neue „erhöhte Beförderungsentgelt“ für Schwarzfahrer voraussichtlich im kommenden Frühjahr in Kraft treten.
Man kann sich angesichts der Neuregelung vergleichshalber durch den Bußgeldkatalog für Falschparker klicken – und wähnt sich im Schlussverkauf. Parken in zweiter Reihe kostet 20 Euro, Parken im Halteverbot 15 Euro, Halten im Halteverbot 10 Euro.
Die gleiche Logik führt im öffentlichen Nachverkehr zum Steigen des „erhöhten Beförderungsentgelts“. 40 Euro wirkten einfach nicht mehr abschreckend genug, klagen die Verkehrsbetriebe. Klar: Bei ständig steigenden Ticketpreisen amortisiert sich die Zahlung nach immer weniger Schwarzfahrten. Hier herrscht ein Missverhältnis, und zwar auf allen Ebenen. Nicht nur, was die Höhe der jeweiligen Summen – und damit die mutmaßliche Lenkungswirkung – angeht. Wiederholtes Schwarzfahren kann auch im Gefängnis enden, während Falschparker höchstens einen Punkt in Flensburg fürchten müssen, wenn sie mit ihrer Aktion Einsatzfahrzeuge behindern.
Es muss nicht die optimale Lösung sein, die mit Schwarzfahrern schon ganz gut bevölkerten Gefängnisse zusätzlich mit Falschparkern aufzufüllen. Eher gehört der Straftatbestand des Erschleichens von Leistungen auf den Prüfstand. Und was die Falschparker angeht, tut es vielleicht auch schon die Masse: Wird der Verstoß konsequent geahndet, summieren sich auch kleine Beträge. Klar ist jedenfalls: Es braucht Anreize zum Umstieg vom Auto auf den öffentlichen Nahverkehr. Und nicht umgekehrt.
Wirtschaft + Umwelt SEITE 8