SVEN HANSEN ÜBER DIE GEPLANTEN GESPRÄCHE MIT DEN TALIBAN : Querschläger aus Kabul
Die von den USA angekündigten Gespräche mit den Taliban stehen unter einem schlechten Stern. Afghanistans Präsident Hamid Karsai fühlt sich übergangen und schlägt quer: Er suspendiert die Verhandlungen mit den USA über ein Sicherheitsabkommen. Dies könnte die Taliban-Gespräche schon vor Beginn scheitern lassen. Aber die US-Regierung braucht die Gespräche mit den Taliban, um ihre innenpolitisch motivierten Abzugspläne vertretbar und aussichtsreicher machen zu können. Statusfragen sind für Washington dagegen zweitrangig. Im Unterschied dazu kämpft Karsai darum, von den Taliban überhaupt als Verhandlungspartner akzeptiert zu werden. Deshalb muss er Eigenständigkeit demonstrieren. Statusfragen sind für ihn Überlebensfragen.
Aber auch ohne diesen Streit ist der Frieden am Hindukusch noch fern. Friedensgespräche sind meist dann erfolgreich, wenn eine Seite überlegen ist und ein gesichtswahrender Abgang für die Unterlegenen gesucht wird. Oder wenn beide Seiten vom Krieg völlig ausgezehrt sind. Das trifft am Hindukusch noch nicht zu. Nur: Ohne Verhandlungen müssten die USA ihre militärische Niederlage eingestehen. Dabei wurden die US-Truppen nicht besiegt; sie haben vielmehr die Taliban selbst weder militärisch noch politisch besiegen können. Da die US-Öffentlichkeit die Kosten des Konflikts nicht viel länger tragen will, werden Gespräche zur Exit-Strategie.
Die Taliban haben am Dienstag treffend erklärt, sie hätten jetzt zwei Optionen: Kampf und Gespräche. Die Perspektiven einer Machtteilung am Hindukusch sind unklar. Trotzdem wäre es positiv, wenn endlich Gespräche beginnen könnten. Dann begänne eine neue Phase, in der sie parallel zu den Kämpfen stattfinden. Langfristig sind sie alternativlos. Aber wie gesagt: Der Frieden ist noch fern.
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