STARALBUM: LÉA SEYDOUX : Die Versunkene
Sie ist ein Star. Ein verhasster. Léa Seydoux wird in ihrer Heimat Frankreich mit viel Häme betrachtet. Das mag einerseits daran liegen, dass ihr Großvater Chef des französischen Filmunternehmens Pathé war. Andererseits aber auch daran, dass die 28-Jährige in Interviews viel Blödsinn erzählt. Was sie jedoch immer liefert, ist eine exzellente schauspielerischen Leistung. Für ihre Rolle der Emma in Abdellatif Kechiches Drama „Blau ist eine warme Farbe“ wurde sie zum Beispiel in Cannes mit einer Goldenen Palme ausgezeichnet.
Seydoux sitzt in Berlin auf der Pressekonferenz, um ihren Film „Die Schöne und das Biest“ vorzustellen. Links von ihr André Dusolier, rechts von ihr der Regisseur Christophe Gans. Der Hauptdarsteller Vincent Cassel fehlt. Zuvor hatte der Berlinale-Chef Dieter Kosslick sie persönlich zu ihrem Platz begleitet. Eine seltsame Szene, die aber unkommentiert bleibt. Seydoux sitzt in ihrem Stuhl, führt sich das „In-Ear“ ein, fummelt ein wenig am Kabel rum und schaut in das Publikum. Intensiv. Fast schon gefährlich. Wie eine Raubkatze die ihre Beute beobachtet. Sie ist konzentriert. Dann lächelt sie und tippelt mit ihren Fingern auf dem Tisch.
Manchmal schwelgt sie, dann hebt sie den Kopf ein wenig und blick rechts nach oben in die Ecke. Sie sieht so aus, als ob sie träumen würde. Wie ein ätherisches Wesen. In den ersten zehn Minuten der Pressekonferenz ging keine Frage an sie. Dann kommt sie doch. „Was war der Unterschied zwischen diesem Film und ‚Blau ist eine warme Farbe?‘ “ Sie lacht und sagt: „Diese Rollen sind unterschiedlich. Ich mag es, als Schauspielerin in ein anderes Universum einzutauchen. Ich mag gern Geschichten erzählen, deswegen mag ich die Verwandlung. Moment, ich muss noch mal kurz überlegen.“ Sie wirkt verwirrt. Dann fasst sie sich ins schulterlange rötliche Haar, lacht und wiederholt: „Das mag verwirrend klingen, aber ich überlege noch mal.“ Sie überlegt, aber greift die Antwort nicht noch mal auf.
Die französischen Regisseurinnen und Regisseure lieben Léa Seydoux. Und auch die amerikanischen Filmemacher sind von ihrem intensivem Spiel fasziniert. Sie arbeitete bereits mit Quentin Tarantino, Ridley Scott Wes Anderson. Gesagt hat sie wenig, aber präsent war sie dennoch. Die Schauspielerin beherrscht das Spiel mit der Nähe und Distanz. Sie ist wahnsinnig fokussiert, im Jetzt; und dann, im nächsten Augenblick schwelgt sie davon, ist wo ganz anders.
ENRICO IPPOLITO