■ STANDBILD: Mona Lisa – diesmal ohne Lächeln
(Sonntag, 13.11., ZDF, 18.10 Uhr) Eine weinende Frau auf einer Polizeiwache nach einer Vergewaltigung. Sie wird einem inquisitorischen, hochnotpeinlichen Verhör unterzogen: Hatte der Täter einen Samenerguß? Wann hatte sie selbst den letzten Geschlechtsverkehr? Fragen, so erklärt die bemühte Polizeibeamtin, die sein müßten. So wolle es das bundesdeutsche Recht, damit im Falle eines Verfahrens die Gewalttat auch nachgewiesen werden könne.
Eine Szene aus ML – Mona Lisa, dem Frauenmagazin des ZDF, in dem es vergangenen Sonntag um „Gewalt gegen Frauen“, genauer gesagt, um Vergewaltigung ging. Wie geht ein Frauenmagazin mit einem so heiklen und sensiblen Thema um, zur besten Fernsehzeit am frühen Abend kurz vor den Nachrichten? Ein Magazin außerdem, das sich bisher nicht gerade frauenpolitisch hervorgetan hat. Im Gegenteil. Es hat bisher so viele Vorurteile, Dümmlichkeiten und ärgerliche Klischees über Frauen- (und Männer-)rollen verbreitet, daß es vor zwei Wochen auf dem 11.Medienfrauentreffen in Saarbrücken fast preisverdächtig für die „Saure Gurke“ erschien, dem Wanderpreis für eine besonders frauenfeindliche Fernsehsendung.
Und dann war ich positiv überrascht. Zwar gab es einzelne voyeuristische Passagen. Doch insgesamt wurden in drei Filmberichten anschaulich und mit einer Fülle von Informationen unterschiedliche Aspekte der Problematik von Vergewaltigung dargestellt, zum Beispiel das Mißtrauen und die ungerechtfertigten Vorurteile auch von Polizei, Staatsanwaltschaft und vorwiegend männlichen Gerichten gegenüber vergewaltigten Frauen; oder die verheerenden Auswirkungen der Gewalttaten auf die Frauen selbst. Bundesdeutschen Verhältnissen gegenüber gestellt wurde das „Modell Norwegen“, wo der Behördenapparat sich – anders als hier – auf die Situation und Bedürfnisse der vergewaltigten Frau einstellt. Leider alles viel zu kurz und schnell behandelt! Das gilt auch für das Studiogespräch mit einer Frau, die eine Vergewaltigung durchgemacht und keine Anzeige erstattet hat, und die einzige bundesdeutsche Polizeipräsidentin, Gertrud Bergkemper-Marx in Leverkusen, die kompetent und sachlich dem alten Mythos widersprach, Vergewaltiger seien vorwiegend Fremde und Triebtäter. Alles in allem viel zu wenig Zeit für die Fülle von Informationen und angesprochenen Problemen.
Richtig ärgerlich wurde es zum Schluß, wo ein männlicher (!) Experte den Zuschauerinnen noch Rezepte für den Weihnachtsstollen vorführte.
Gitti Hentschel
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