STAMMZELLEN : Ethisches Dilemma
Der Druck der Stammzellforscher auf die Bundesregierung wird immer größer: Das Stammzellgesetz, das ihnen lediglich den Import von embryonalen Stammzelllinien zugesteht, die vor dem 1. Januar 2002 gewonnen wurden, muss geändert werden, fordern die Forscher. Nächste Woche befasst sich der Bundestag in einer Anhörung mit dem Thema. Ganz einig sind sich die Forscher aber bisher nicht. So tritt die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) dafür ein, den Stichtag ganz abzuschaffen. Auch die „Deutsche Akademie der Naturforscher Leopoldina“ möchte den Stichtag abgeschafft haben. Sie argumentiert unter anderem mit dem Grundgesetz, in dem es heißt: „Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit.“ Folglich müsse auch die Forschung mit embryonalen Stammzellen möglich sein, so ihre Schlussfolgerung. Nicht ganz so weit gehen muss eine Liberalisierung für die Stammzellforscherin Anna Wobus vom Gaterslebener Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK). Sie wäre schon zufrieden, wenn der Stichtag verschoben wird, sodass mit später hergestellten Stammzellen geforscht werden könnte. Am liebsten wäre ihr, so erklärte die Professorin – die übrigens auch die DFG- und Leopoldina-Stellungnahme mit verfasst hat – vergangene Woche auf einer Tagung, wenn es einen nachlaufenden Stichtag geben würde. So soll verhindert werden, dass Stammzellen, zu deren Gewinnung Embryonen vernichtet werden, mit Beteiligung von deutschen Forschern hergestellt werden.
WOLFGANG LÖHR