SS-Totenkopf-Shirt bei britischer Modekette: „Verstörende historische Bedeutung“
Die britische Modekette Topshop verkaufte ein T-Shirt mit einem Totenkopf der SS Division „Totenkopf“. Nach Protesten nahm die Modekette das Shirt aus dem Sortiment.
Der hellgraue Totenkopf prangt vor gekreuzten Knochen direkt unter dem Bandnamen „Slayer“. Das Shirt des Modelabels „And Finally“, das bei der britischen Modekette Topshop zu kaufen ist, wirkt auf den ersten Blick unauffällig. Schmal geschnitten ist es, schwarz, ärmellos, außer dem Print nur am Kragen mit einer simplen Borte verziert. Ein einfaches Shirt – mit einem höchst bedenklichen Aufdruck.
Denn der besagte Schädel zeigt kein schnödes Piratenemblem, sondern das Truppenkennzeichen der SS-Division „Totenkopf“, einer im Zweiten Weltkrieg eingesetzten, besonders brutalen Abteilung der Waffen-SS, die sich ursprünglich aus den Wachmannschaften der deutschen Konzentrationslager rekrutiert hatte.
Verärgerte Käufer beschwerten sich am Dienstagabend auf der Facebook-Fanpage des Unternehmens über das Shirt. Aufgebracht, entsetzt, aber auch sarkastisch machten die Kunden Topshop auf den Fehltritt und die Bedeutung des Aufdrucks aufmerksam: „Welches Genie kam auf den Gedanken, Nazi-Insignien seien hip, schick und angesagt?“, hieß es dort lakonisch. „Wahrscheinlich keine gute Idee, das an naive Teenager zu verkaufen“.
Das sah das Topshop-Management ähnlich: Wenige Stunden später wurde das Shirt aus dem On- und Offline-Sortiment genommen und //www.facebook.com/Topshop:auf Facebook eine Erklärung – nüchtern diplomatisch verfasst – veröffentlicht: „Es ist uns aufgefallen, dass ein T-Shirt aus unserer Kollektion ein gewisses Totenkopfdesign zeigt, das verstörende historische Bedeutungen hat.“ Und weiter: „Wir entschuldigen uns für den Ärger, den wir bei unseren Kunden ausgelöst haben.“ Welches Motiv auf dem Shirt zu sehen ist und welche „verstörende Bedeutung“ es hat, beschreibt das Unternehmen nicht. Dafür ist es weiterhin im britischen Online-Shop zu sehen.
Glänzen durch historisches Unwissen
In der Diskussion, die sich daraufhin entwickelte, glänzten viele Topshop-Käufer und Facebook-Fans vor allem durch historisches Unwissen. Viele Nutzer ärgerten sich, dass das „Piraten-Shirt“ entfernt worden sei. Wem es nicht gefalle, der müsse es ja schließlich auch nicht tragen. Andere, denen die historische Dimension des Totenkopfes zumindest im weitesten Sinne bewusst war, lamentierten, dass der Zweite Weltkrieg doch jetzt schon lange genug vorbei wäre, man müsse es nicht übertreiben mit der political correctness. Es sei „lächerlich“, das, was andere tragen, „zu zensieren“. Die Mehrheit der User beschwerte jedoch sich über das mangelnde historische Wissen, die Respektlosigkeit und Ignoranz derjenigen, für die der Verkauf des T-Shirts „keine große Sache“ gewesen sei.
Unklar bleibt also, ob Topshop sich im Klaren darüber war, was das besagte Logo bedeutet und wieviele der Käufer einfach nur einen Totenkopf unter einem bekannten Bandnamen gesehen haben.
In Deutschland ist die Verbreitung und Verwendung von Symbolen aus der NS-Zeit strafbar. Die britische Arcadia Group, die mehr als 440 Filialen weltweit und einen internationalen Online-Shop betreibt, dürfte dafür alelrdings nicht belangt werden – einen Imageschaden aber erhalten sie allemal. Und bei der Auswahl der nächsten T-Shirts mit Aufdruck dürften sie etwas vorsichtiger sein.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Friedensforscherin
„Wir können nicht so tun, als lebten wir in Frieden“
Prozess gegen Maja T.
Ausgeliefert in Ungarn
Klimaneutral bis 2045?
Grünes Wachstum ist wie Abnehmenwollen durch mehr Essen
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Bundesregierung und Trump
Transatlantische Freundschaft ade
ifo-Studie zu Kriminalitätsfaktoren
Migration allein macht niemanden kriminell