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SPORTLERLEBEN Kultursaal meets Basketball-Court: Ex-Alba-Spieler Johannes Herber stellt im Deutschen Theater seine Autobiografie „Almost Heaven“ vor

Seine schwierigste Zeit hatte Herber bei Alba, die vielen Verletzungen machten ihm zu schaffen

Okay, ein paar Sneakers mehr als üblich gibt es im Auditorium schon zu sehen. Und auch die Anzahl an hochgewachsenen Menschen im Saal des Deutschen Theaters (DT) scheint größer als sonst an diesem Freitagabend. Einige einstige Kollegen des Autors sind gekommen.

Johannes Herber, den die meisten zu seiner aktiven Zeit Jo oder Joe Herber nannten, war Basketballprofi – unter anderem vier Jahre bei Alba – und Nationalspieler. Mitte 2012 beendete er seine Karriere im Alter von 29 Jahren nach mehreren Verletzungen. Nun liest Herber vor ausverkauftem Haus aus seiner soeben erschienenen Autobiografie, „Almost Heaven“. Nach Thomas Pletzingers „Gentlemen, wir leben am Abgrund“ (2012) ist es schon das zweite wichtige Basketballbuch, in dem Alba – zumindest zum Teil – zum Gegenstand wird.

Marco Seiffert vom RBB, Alba-Fan und zwischenzeitlich auch Alba-Hallensprecher, interviewt den Autor gewordenen Sportler dabei nach einer ersten kurzen Lesestrecke. Im Anschluss an die Lesung unterhalten sich beide mit Ulrich Khuon, dem basketballbegeisterten DT-Intendanten des DT.

Herber ist nicht gerade ein typisches Exemplar der Spezies Basketball-Profi. Entsprechend hat er auch weniger eine Sportlerbiografie als ein literarisch ambitioniertes Buch zur Faszination seines Sports geschrieben. Moderator Seiffert weist auch direkt – etwas klischeehaft – darauf hin, welche Lücke Herber im Alba-Tross hinterlasse: „Heute sieht man nur noch Spieler, die regungslos auf ihre Smartphones schauen – aber der, der im Hintergrund sitzt und die Süddeutsche liest, der fehlt.“

Der inzwischen 31-jährige Herber, der in einer der stärksten Ligen des College-Basketballs begann, ehe er bei Alba und in Frankfurt als Profi spielte, liest und erzählt von den „highest of highs“ und „lowest of lows“ einer Sportlerkarriere. Auf der einen Seite: „Madison Square Garden. New York City. […] Ich bin high. […] Heute ist das wichtigste Spiel meines Lebens. Madison Square Garden ist Mekka – wie Wembley oder Wimbledon, wie L’Alpe d’Huez oder die Streif. […] Game Time. Licht aus. Spot an.“ In einer Passage im HipHop-Duktus schildert Herber ein Halbfinale des Big East Tournament im College-Basketball vor 20.000 enthusiastischen Besuchern.

Und auf der anderen Seite: die Verletzungen, die Schmerzen jeden Morgen beim Aufstehen, die harte Sitzschale der Ersatzbank. „Du bist der Typ, der glaubte, es könne nichts Beschisseneres geben, als verletzt zuzuschauen. Jetzt aber weißt du, dass gesund zuzuschauen noch viel beschissener ist“, sagt Herber leise, aber betont. Der lakonisch-distanzierte Ton tut dem Buch gut. Seine wohl schwierigste Zeit hatte Herber bei Alba, vor allem die Verletzungen machten ihm fortan zu schaffen. Erster Kreuzbandriss 2007. Der nächste 2009.

Herber erzählt, wie er glaubte, das gehöre eben zu seiner Erzählung dazu: Verletzungen, harte Reha, dann starkes Comeback, so gehe doch jede Story eines Sporthelden! Bei ihm kam es anders. Auf die Genesung folgten weitere Verletzungen, dann war Schluss. Mit 29.

Vom Basketballspiel als „Erzählung“, auch vom Fan-Dasein als Erzählung plastisch zu berichten gelingt auch DT-Intendant Ulrich Khuon im anschließenden Gespräch: Jedes einzelne Match habe seine Erzählung, aber auch unser Anhängertum habe eine solche. Sinngemäß: Wir jubeln und leiden also mit unserem Team – den Ups und Downs dieser unvorhersehbaren Geschichte sind wir ausgeliefert. Und das äußerst gern.

Einer der spannendsten Augenblicke der Erzählung des Abends: Moderator Seiffert fragt, ob Herber angesichts der schnell vergänglichen großen Momente im Sport jemals die Sinnhaftigkeit seines Tun infrage gestellt habe. Nach kurzem Überlegen antwortet dieser: „Nie. Es ist so schön, da auf dem Platz zu sein und zu spielen.“ Diese magischen Momente, die Coolness des Basketballsports, das soziale Gefüge Mannschaft und auch die Härten einer Karriere – all das in Wörter zu kleiden ist Jo Herber bestens gelungen. Die Menschen in Sneakers – und Jacketts – unterstreichen dies mit lang anhaltendem Applaus. JENS UTHOFF

■ „Almost Heaven“. Berlin Verlag, 255 Seiten, 19,99 Euro