SPORTPLATZ : Eisbären kehren in gewohnter Stärke zurück aufs Eis
EISHOCKEY Zum Saisonauftakt ein 4:0 gegen Nürnberger Ice Tigers – und die Fans feiern
Es war etwas eigenartig. Kurz nach dem Verklingen der Schlusssirene wurde derjenige Spieler von den Eisbären Berlin als Erster mit Sprechchören gefeiert, der mit dem Spielausgang recht wenig zu tun hatte: Kevin Nastiuk, der anstelle von Stammkeeper Rob Zepp das Tor hüten durfte. An diesem Freitagabend hätte selbst ein minderbegabter Torhüter den Sieg der Eisbären kaum gefährden können. Souverän gewannen die Eisbären zum Saisonauftakt mit 5:2 (0:0/3:0/2:2) gegen die harmlosen Nürnberger Ice Tigers.
Im Grunde hatten die 14.200 Zuschauer in der Arena am Ostbahnhof nichts anderes vom Deutschen Meister erwartet, zumal es ja schon der fünfte Titel in den letzten sieben Jahren war. Die Titelverteidigung, so der Plan, soll im nächsten April bejubelt werden. Erfolge sind bei den Eisbären längst zur Selbstverständlichkeit geworden. Das kann ein Publikum schon auch ein wenig absonderlich werden lassen.
Vor dem nahezu beschäftigungslosen Nastiuk hätten sich an diesem Abend eigentlich etliche Spieler als erste Adressaten von Lobgesängen empfohlen. Die vier Zugänge Nick Angell, Julian Talbot, Darin Olver und Barry Tallackson etwa hinterließen allesamt einen guten Eindruck. Olver und Tallackson, die bereits vergangene Saison zu den besten fünf Scorern der Liga zählten – damals noch in Diensten der Augsburger Panther – stellten gleich bei ihrer Premiere für die Eisbären ihre Gefährlichkeit vor dem Tor unter Beweis. Olver erzielte den ersten Treffer des Spiels und bereitete zudem das Tor von Tallackson zum zwischenzeitlichen 4:0 vor.
Nach dem ersten Augenschein ist die Integration der Neuen erstaunlich schnell vorangeschritten. Trainer Don Jackson stellte zufrieden fest: „Das war ein guter Mannschaftssieg.“ Der US-Amerikaner verteilte an diesem Abend nur Lob. Auch für den recht schwerfälligen torlosen Beginn fand er noch anerkennende Worte: „Im ersten Drittel haben wir gut gekämpft.“
Jackson befindet sich in einer komfortablen Situation. Die Abgänge der Leistungsträger Steve Walker, Derrick Walser, Jeff Friesen und Alexander Weiß scheint der Klub durch eine geschickte Einkaufspolitik nicht nur kompensiert zu haben, nebenbei hat man auch den Kader ein wenig verjüngt. Von den bereits seit vielen Jahren kontinuierlich geförderten Spielern, die dem eigenen Nachwuchs entsprangen, darf man weitere Fortschritte erwarten. Gegen die Nürnberger Ice Tigers trafen Florian Busch, André Rankel und Laurin Braun. Und weil die Eisbären über so viele gute einheimische Spieler verfügen, kann es sich Jackson wie gegen Nürnberg auch erlauben, vier Sturmreihen aufzubieten und allen reichlich Eiszeit zu gewähren.
Alles scheint also glatt zu laufen bei den Eisbären. Außer der Reihe war am Freitagabend eben nur der Einsatz von Kevin Nastiuk im Tor. Die Fans feierten den eigentlichen Ersatzkeeper auch deshalb, weil er sich bei seinen bisherigen couragierten Kurzauftritten viele Sympathien erarbeitet hat. Ob hinter diesem Wechsel eine Grundsatzentscheidung stand, wollte Don Jackson aber nicht verraten. Vielleicht wollte er auch nur einen kleinen Reizpunkt setzen, um einer möglichen Erfolgsträgheit vorzubeugen. Das wird in dieser Saison sowieso die Hauptaufgabe für Jackson sein. Die Trainer der anderen Ligaklubs haben die Eisbären wieder einmal einhellig zum Hauptfavoriten auf den Meistertitel erkoren. Aber ein kleines Formtief zum falschen Moment reicht, um auch das am besten besetzte Team zu Fall zu bringen. JOHANNES KOPP