SPD will linke Bürgermeister ablösen: Volksfront gegen die Linkspartei
In Lichtenberg und in Marzahn-Hellersdorf will die SPD mithilfe von CDU und Grünen die linken BürgermeisterInnen durch eigene Kandidaten ersetzen
Die SPD regiert durch. Selbst in Ostbezirken, die bislang Hochburgen der Linken waren, zeichnet sich ab, dass die Sozialdemokraten künftig den Bürgermeister stellen werden. Mithilfe von CDU und Grünen soll in Lichtenberg der SPD-Stadtrat Andreas Geisel die langjährige Amtsinhaberin Christina Emmrich (Linke) ablösen. Und in Marzahn-Hellersdorf soll Stefan Komoß (SPD) an die Stelle der bisherigen Rathauschefin Dagmar Pohle (Linke) rücken.
Damit werden die Sozialdemokraten voraussichtlich in neun der zwölf Bezirksrathäuser den Chef oder die Chefin stellen. Die CDU kann sich nur in Reinickendorf und Steglitz-Zehlendorf behaupten. Die Grünen stellen mit Franz Schulz in Friedrichshain-Kreuzberg erneut den Bürgermeister.
Schwer zu schlucken aber hat die Linke. Zwar ist sie in den Bezirksparlamenten von Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf trotz Verlusten bei der Wahl am 18. September weiterhin stärkste Partei. Aber SPD, CDU und Grüne wollen sich zu sogenannten Zählgemeinschaften zusammenschließen, um dann die SPD-Kandidaten ins Amt zu heben. Allerdings müssen die Kreisverbände der Parteien das Anfang kommender Woche noch förmlich beschließen.
Neun Jahre ist Christina Emmrich (Linkspartei) Bürgermeisterin von Lichtenberg. So recht mag die 63-jährige gelernte Messtechnikerin mit den roten Haaren und dem sächsischen Dialekt noch nicht an Wechsel glauben. Die SPD habe kürzlich schon einmal verkündet, dass eine Zählgemeinschaft zustande gekommen sei - und die CDU damit gründlich verärgert. "Bis zum 10. November ist für mich gar nichts entschieden", sagt Emmrich. Das ist das Datum, an dem in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) das neue Bezirksamt gewählt wird.
Der bisherige Baustadt Andreas Geisel (SPD), der Emmrich beerben möchte, zeigte sich gegenüber der taz am Freitag zugeknöpft. Seine Genossen haben sich bereits am Donnerstag mit absoluter Mehrheit für die rot-schwarz-grüne Zählgemeinschaft ausgesprochen. 49 von 50 Anwesenden sagten Ja. Aber bevor die Lichtenberger CDU und die Grünen nicht getagt hätten, möchte Geisel über die Pläne nur soviel verraten: Die mit Fraktions- und Kreisvorsitzenden von SPD, CDU und Grünen besetzte Vorbereitungsgruppe für die künftige Zählgemeinschaft habe eine Art kleinen Koalitionsvertrag erstellt. "Einige Dinge sollen anders, aber viele besser werden", so Geisel nebulös.
Aufgelistet worden seien nicht nur die Punkte, in denen Konsens bestehe, so Geisel. Als Dissens festgehalten sei, dass die Grünen gegen den Weiterbau der Tangentialen Verbindung Ost und der A 100 seien. "Anders als auf Landesebene werden wir die Zählgemeinschaft deshalb nicht krachen lassen", betonte Geisel.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen