SPD und Autobahn: Starkes Kritikeraufkommen auf der A 100
Umweltschützer, Bürgerinitiative und Grüne kritisieren den Beschluss der SPD zur Verlängerung der Autobahn vom Dreieck Neukölln nach Treptow. Die Wirtschaft dagegen freut sich.
Die Entscheidung des SPD-Landesparteitages für die Verlängerung der Autobahn 100 stößt auf harte Kritik. Die SPD falle "in eine rückwärtsgewandte Verkehrspolitik des letzten Jahrhunderts zurück", kritisiert etwa Tilman Heuser, Landesgeschäftsführer des Bundes für Umwelt und Naturschutz. Die Entscheidung sei "nicht nur aus städtebaulichen und ökologischen Gründen, sondern auch vor dem Hintergrund der Finanz-, Klima- und Schlaglochkrise nicht mehr vertretbar".
Die Delegierten der SPD hatten am Samstag mit 113 zu 108 Stimmen für die Verlängerung der Autobahn vom Dreieck Neukölln nach Treptow votiert. Sie kippten damit einen gegenteiligen Beschluss aus dem Jahr 2009 (taz berichtete).
Die 420 Millionen Euro für das Projekt zahlt der Bund. Die SPD beschloss, dass die Autobahn nur im Rahmen eines verkehrspolitischen Gesamtkonzepts verlängert werden soll. Dazu gehören etwa Tempo-30-Zonen auf Hauptverkehrsstraßen, mehr Blitzer und Verkehrsberuhigung auf den Hauptachsen durch die Innenstadt.
Die Bürgerinitiative Stadtring Süd hält diesen Beschluss für eine "Mogelpackung": Diese ergänzenden Maßnahmen seien schon längst beschlossen, aber bisher noch nicht umgesetzt worden, "und sie werden mit Sicherheit mangels Geld und politischen Willens auch in den nächsten Jahren nicht umgesetzt werden". Die Bürgerinitiative will Widerstand gegen den "umweltzerstörerischen Zickzackkurs der SPD" organisieren.
Für den Grünen-Landesvorsitzenden Stefan Gelbhaar ist der SPD-Beschluss "finanziell und klimapolitisch verantwortungslos, ein stadtentwicklungspolitischer Offenbarungseid". Es handele sich um "Verkehrspolitik aus der Mottenkiste der 70er Jahre". Hier solle "gegen die Bedürfnisse Berlins ein törichtes Straßenprojekt durchgezogen werden".
Die Wirtschaft freut sich dagegen über die SPD. Der Beschluss sei ein "richtiges und wichtiges Signal", meint Eric Schweitzer, Präsident der Industrie- und Handelskammer. Der neue Abschnitt sei alternativlos, da er die Barriere zwischen Treptow und Neukölln überwinde und den Wirtschaftsverkehr erleichtere. Der Hintergrund: Im Osten der Stadt gibt es Industriegebiete, die für Lkws derzeit noch nicht optimal zu erreichen sind.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Christian Lindner
Die libertären Posterboys
Außenministerin zu Besuch in China
Auf unmöglicher Mission in Peking
Olaf Scholz’ erfolglose Ukrainepolitik
Friedenskanzler? Wäre schön gewesen!
Prozess gegen Letzte Generation
Wie die Hoffnung auf Klimaschutz stirbt
Comeback der K-Gruppen
Ein Heilsversprechen für junge Kader
Israel, Nan Goldin und die Linke
Politische Spiritualität?